Demokratische Schulführung in der Praxis: Entscheidungen über Schulregeln

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Wer entscheidet was?

Bevor eine Diskussion über Schulregeln stattfindet und Entscheidungen getroffen werden, ist es wichtig, dass alle Beteiligten ihre Beteiligungsrechte kennen. Entweder per Gesetz oder durch eine Vereinbarung Ihrer Schulgemeinschaft müssen Sie über Schulregeln für die Beteiligung verfügen – vorzugsweise in Form eines dauerhaften Rahmens. Weitere Einzelheiten finden Sie im Vorbereitungshandout 3.1.

Ein Modellverfahren zur demokratischen Schulführung: Beschlussfassung über Schulregeln (in Anlehnung an das Modell im Aktionshandout 3.1).

1. Analyse der Situation: Warum brauchen wir neue Schulregeln?

  • Mit welchen Problemen haben wir es zu tun (z. B. Schülerverhalten, Umsetzung der Schulregeln, Wirkung von Sanktionen)?
  • Warum ist dieses Problem so dringend, dass wir es jetzt angehen müssen?
  • Welche Regeln haben sich bewährt? Was kann beibehalten werden?
  • Welche Regeln müssen geändert oder neu eingeführt werden?

2. Diskussion: Welche Lösungen sind möglich?

  • Wie erwarten oder wünschen wir, dass sich die Mitglieder unserer Schulgemeinschaft verhalten?
  • Was macht eine gute Schulordnung aus?
  • Welche Möglichkeiten haben wir, um unsere Schulregeln zu verbessern oder zu ändern? (Schriftliche, formalisierte Schulregeln – oder ungeschriebene Regeln, informelle Vereinbarungen, Appelle an gemeinsame Interessen und Werte)
  • An welche Art von Werten halten wir uns bei unseren Regeln?
  • Welche Arten von Sanktionen sollten verhängt werden?
  • Steht unsere neue Schulordnung im Einklang mit der Schulgesetzgebung? (Haben wir z. B. die Verantwortlichkeiten der Lehrpersonen und der Schulleitung berücksichtigt?)

3. Gemeinsame Entscheidung und Umsetzung

  • Für welche Option entscheiden wir uns? Diskussion unter Schüler:innen, Personal und Eltern.
  • Mehrheitliches Votum von Schüler:innenn und Lehrpersonen.
  • Endgültige Genehmigung durch den Schulrat (siehe Vorbereitungshandout 3.1).
  • Von der Schulleitung, dem Schülersprecher und den Eltern unterzeichnetes Gesamtdokument.
  • Die neu angenommene Fassung der Schulordnung ist auf der Website der Schule zu finden.
  • In jedem Klassenzimmer hängen Kopien oder Poster mit den Schulregeln aus.

4. Bewertung der Ergebnisse

  • Die erste Überprüfung der Ergebnisse erfolgt nach einer gemeinsam vereinbarten Zeitspanne.
  • Wurde das Problem gelöst?
  • Gibt es unerwartete Auswirkungen? – Können wir sie akzeptieren?
  • Können wir die Regeln so belassen, wie sie sind? Oder sollten wir einen neuen Zyklus der Entscheidungsfindung beginnen, um die Regeln anzupassen oder zu verbessern?

5. Bewertung des Entscheidungsprozesses; Reflexion und Lehren daraus

  • Haben die Schüler:innen, Lehrpersonen und Eltern das Gefühl, dass sie angemessen einbezogen wurden?
  • Hatten sie die Möglichkeit, ihre Ansichten und Ideen zu äußern?
  • Hat sich ihr Beitrag auf das Ergebnis ausgewirkt?
  • Halten wir die Art und Weise, wie diese Entscheidung getroffen wurde, für ein Beispiel für demokratische Schulführung?
  • Schlussfolgerungen für die künftige Entscheidungsfindung: Was hat gut funktioniert, und was sollte verbessert werden? Können oder sollten wir Wege finden, die Studierenden stärker einzubeziehen?
  • Was haben die Schüler gelernt? (z.B. Demokratische Gemeinschaften sind Lerngemeinschaften. –
  • Die Durchsetzung von Regeln sollte eher die Ausnahme als die Regel sein. – Alle Mitglieder der Gemeinschaft sollten eine Haltung des gegenseitigen Respekts, der Verantwortung und des Bürgersinns einnehmen, damit wir uns nicht ständig gegenseitig kontrollieren und beobachten müssen.)

Das Gleichgewicht zwischen Beteiligung und Effizienz

Es liegt auf der Hand, dass ein gesamtschulischer Entscheidungsfindungsprozess unter Einbeziehung aller Beteiligten, insbesondere der Schüler:innen, ein großes Projekt ist, das Zeit erfordert (siehe Aktionhandout 2.1). Das hier skizzierte Modell konzentriert sich auf die Beteiligung aller Akteure und die Lernmöglichkeiten für die Schüler:innen.

Es ist unrealistisch zu glauben, dass alle Entscheidungen im Schulleben auf diese Weise getroffen werden können, da weder die Schulleitung und Lehrkörper noch die Eltern ihren beruflichen Verpflichtungen nachkommen könnten. Außerdem würde die Mehrheit der Schüler:innen wahrscheinlich das Interesse verlieren. Daher muss ein Gleichgewicht zwischen der Beteiligung der Betroffenen an der Schule und ihrer Effizienz als Bildungseinrichtung gefunden werden.

Dieses Gleichgewicht kann durch die folgenden Maßnahmen erreicht werden:
An vielen, wenn nicht gar den meisten Entscheidungsprozessen werden nicht alle Beteiligten in der Schule aktiv beteiligt sein. Ein großer Teil der Schulverwaltung und der Lehrtätigkeit wird weiterhin in der Verantwortung der Schulleitung und der Lehr:innen bleiben. Die Qualität der demokratischen Schulleitung zeigt sich darin, dass sie Informationen weitergibt und auf Feedback eingeht.

  • Ein institutionalisierter Rahmen der repräsentativen Demokratie (siehe Vorbereitungshandout 3.1) reduziert die zeitliche Belastung für die große Mehrheit der Schulgemeinschaft, während die Entscheidungen der Schulleitung und des Kollegiums kritisch beobachtet und diskutiert werden können.
  • Groß angelegte Partizipationsprojekte, die alle Beteiligten einbeziehen, sind immer dann angebracht, wenn ein Thema die Interessen und Bedürfnisse der Schüler direkt betrifft und die Schüler die Rolle von Experten übernehmen.
  • Daher sollten in jedem Schuljahr ein oder mehrere größere Beteiligungsprojekte durchgeführt werden. Dabei könnte es sich um eine “Top-Down”-Version handeln, z. B. eine Diskussion zwischen der Schulleitung, dem Kollegium und den Sprecher:innen der Schülerschaft und der Eltern. Es könnte sich auch um eine “Bottom-up”-Version handeln, wie z. B. eine Agenda-Setting- Initiative der Schüler (siehee Bewusstseinsbildung 3.2). In diesem Fall sollten Schulleitung und Lehrpersonen die Initiative der Schüler:innen begrüßen und unterstützen, da sie einen Beitrag zu einer demokratischen Schulkultur leistet, unabhängig davon, ob sie mit den Ideen der Schüler:innen einverstanden sind oder nicht.