Handout 3.2: Zur Rechtslage

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Rechtsgüter Menschenrechte Grundrechte
Gleichberechtigung, Verbot der Diskriminierung Art. 2, 7 AEMR*) (10.12.1948)
Art. 14 EKMR **) (04.11.1950)
Art. 3 Grundgesetz (GG)
Glaubens- und Religionsfreiheit Art. 18 AEMR
Art. 9 EKMR
Art. 4 Abs. 1 und 2 GG
Recht der Eltern, über die Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen Art. 26 Abs. 3 AEMR
Art. 18 Kinderrechtskonvention (20.11.1989)
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG
Recht auf Bildung Art. 26 Abs. 1 und 2 AEMR
Art. 2 EKMR (2. Zusatzprotokoll; 20.03.1952)
Art. 7 GG Abs. 1: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“
Möglichkeit der Erzwingung eines Menschenrechts ***) EKMR, 11. Zusatzprotokoll (11.05.1994): Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Art. 1 Abs. 3 GG: Die Grundrechte binden die Staatsgewalten als unmittelbar geltendes Recht.
Art. 19 Abs. 4 GG: Rechts-wegga¬rantie

*) AEMR: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
**) EKMR: (Europäische) Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
***) Vgl. Klaus Peter Fritzsche: Menschenrechte. 2. Auflage, Paderborn 2009, S. 44 ff., 80 f.

Die Menschenrechte gelten universal, d.h. für die gesamte Menschheit. Zwar haben sich alle Mitgliedsstaaten der UNO verpflichtet, sie einzuhalten, doch werden sie in allen Ländern der Welt verletzt, wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße. Wie also können die Betroffenen die Staaten zwingen, sie einzuhalten?

Ein Rechtsstaat kann Menschenrechte als Grundrechte in seiner Verfassung schützen. Die Tabelle verdeutlicht dies am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland. Grundrechte sind vor den Gerichten einklagbar – bis hin zum Bundesverfassungsgericht.

Die Mitglieder des Europarats haben zusätzlich zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte die EKMR (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) unterzeichnet und ratifiziert. Damit können die Bürgerinnen und Bürger dieser Staaten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen, wenn sie den Rechtsweg in ihren Ländern ausgeschöpft haben.

Im vorliegenden Fall können sich sowohl Alisa und ihre Eltern wie auch die Schule und die Schulbehörde auf Grundrechte berufen – allerdings auf verschiedene. Dabei geht es nicht nur um den Schwimmunterricht, sondern ums Prinzip: Das Gericht muss abwägen zwischen dem Grundrecht der Glaubensfreiheit und dem Erziehungsrecht der Eltern einerseits und andererseits dem Auftrag des Staates, für alle Kinder und Jugendlichen den Zugang zur schulischen Bildung sicherzustellen. Die Richter haben zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Schule Rücksicht auf die religiösen Überzeugun¬gen Alisas und ihrer Eltern nehmen muss bzw. welche Einschränkungen diese in ihrer Glaubensfreiheit hinnehmen müssen. Aus dem Urteil folgt, ob Alisa am koedukativen Schwimmunterricht teilnehmen muss oder nicht, aber das Urteil muss auch das Prinzip festlegen, nach dem künftig vergleichbare Fälle zu entscheiden sind. Die „besonderen Gründe“, die das Hessische Schulgesetz für die Unterrichtsbefreiung zugesteht (siehe unten), werden durch das Urteil konkreter und präziser bestimmt.

Aus besonderen Gründen können Schülerinnen und Schüler vom Unterricht beurlaubt werden. Nähere Regelungen über Beurlaubungen und Schulversäumnisse trifft das Kultusministerium

§ 69 Abs. 3 Hessisches Schulgesetz