7.3 In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Vier Modelle

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Ziele Die Lernenden können ihre politische und soziokulturelle Grundorientierung begründen.
Material Handout 1, ggf. Handout 2; Material für Lehrpersonen.
Hinweis Das Menschen- und Grundrecht der Gedanken- und Meinungsfreiheit stellt im demokratischen Diskurs hohe Anforderungen an die Bürgerinnen und Bürger. Die Auseinandersetzung mit den politischen Grundpositionen unterstützt die Lernenden, ihren eigenen politischen Standpunkt zu bestimmen und den ihrer Diskussionspartner einordnen zu können.

Verfahren

  1. Vier-Ecken-Spiel: Zum Einstieg konfrontiert die Lehrperson die Lernenden mit vier Slogans, die für die vier Grundpositionen stehen:
    – (1) „Leistung muss sich lohnen“.
    – (2) Den Klimawandel zu bekämpfen hat absolute Priorität.
    – (3) Soziale Gerechtigkeit herstellen: den Wohlstand gleich verteilen.
    – (4) Wir brauchen einen starken Staat, um für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.
    Die Lernenden positionieren sich in den Ecken, die diesen Positionen entsprechen. Auch eine Position zwischen zwei Grundpositionen ist möglich, ebenso eine in der Mitte des Zimmers (Ich weiß nicht.“). Die Gruppen, die dabei entstehen, tauschen in einer kurzen „Murmelphase“ aus, wie sie ihre Wahl begründen, und anschließend nennen einige Lernende ihre Gründe im Plenum. Die Lehrperson erklärt, dass in einer Demokratie die Bürgerinnen und Bürger herausgefordert sind, ihren politischen Standpunkt zu bestimmen. Die vier Slogans stehen für vier klassische Grundpositionen: Liberal (1) – Libertär-ökologisch (2) – Sozialistisch (3) – Konservativ (4). In dieser Sequenz können die Lernenden darüber nachdenken, zu welcher Position sie tendieren.
  2. Die Lehrperson verteilt Handout 1 und instruiert die Lernenden zur Aufgabe: Das Handout nennt sieben Fragen, die für jede Gesellschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind, und sie können im Sinne der vier Grundpositionen völlig verschieden beantwortet werden. Die Antworten haben weitreichende Konsequenzen für das Leben in der Gesellschaft. Die Lernenden denken in Einzelarbeit über die Fragen nach – ggf. auch erst einmal über die Fragen 1 – 4 – sowie die Antworten, die dazu angeboten werden. Sie entscheiden sich bei jeder Frage für eine Antwort und halten ihre Beweggründe schriftlich fest. – Die Lernenden befassen sich in Einzelarbeit mit den Grundfragen und den dazu angebotenen Antworten.
  3. Die Lehrperson führt das Modell des politischen Kompasses ein und ordnet die vier Grundpositionen ein (vgl. dazu das Material für Lehrpersonen): Die Grundfragen 1 und 2 markieren die senkrechte Konfliktlinie um Herrschaft und Kultur: der „rechte“ Pol steht für die Macht einer Autorität, ein hierarchisches System der Führung und Herrschaft und eine traditionelle Werteordnung. Der „linke“ Gegenpol steht für die Selbstbestimmung der Individuen in einer dezentralen Ordnung, die ihre Emanzipation fördert. Die Grundfragen 3 und 4 markieren die Wirtschafts- und Verteilungs-Konfliktlinie. Der „linke“ Pol steht für Gleichheit in der Gesellschaft, die durch die politische Steuerung (Regulierung) der Wirtschaft und der Verteilung der Güter. Der „rechte“ Gegenpol steht für eine Freiheit in der Wirtschaft, die vom Staat nicht kontrolliert wird. Der Markt und der Wettbewerb steuern die Wirtschaft und die Güterverteilung. Diese Konfliktlinien bestimmen die modernen Gesellschaften seit der amerikanischen und französischen bzw. der industriellen Revolution.
    Die vier Grundpositionen ordnen sich den „linken“ und „rechten“ in je unterschiedlicher Weise zu. Sie stimmen in den Grundfragen der Gesellschaft teilweise mit eine benachbarten Grundposition überein, grenzen sich jedoch auch von ihnen ab.
  4. In Gruppenarbeit ordnen die Lernenden die einzelnen Antworten den vier Ordnungskonzepten zu.
  5. Im Plenum vergleichen sie ihre Ergebnisse und klären die korrekte Zuordnung (vgl. dazu die Übersicht in Material für Lehrpersonen 2).
  6. Die Lernenden wiederholen das Vier-Ecken-Spiel und votieren für eine Grundordnung. Auch eine Position zwischen zwei ist möglich. Wer keinen Standpunkt beziehen kann oder will platziert sich in die Mitte. Die Lernenden begründen ihre Entscheidungen und versuchen sich gegenseitig zu überzeugen
  7. Reflexion:
      • Halte ich den politischen Kompass für hilfreich?
      • Wozu brauchen wir diese Grundpositionen?

    Die Lehrperson kann dazu den folgenden Hinweis geben: Es ist offensichtlich, dass in der Konsequenz, mit der die Grundfragen der Gesellschaft beantwortet werden, die vier Grundpositionen selten in der Öffentlichkeit artikuliert werden. Es sind idealtypisch zugespitzte utopische Entwürfe. Eine Utopie bedeutet im Wortsinne: „Etwas, das keinen Ort hat“, also eine Vision einer Gesellschaft beschreibt so wie manche sie erreichen wollen. Eine solche Utopie hat eine wichtige Orientierungsfunktion, gerade weil sie über das politische Tagesgeschäft hinausweist.

Vorschläge zur Erweiterung und Vertiefung

(1) Der Ordnungskonsens als Minimalkonsens (der „Mitte“-Pol im Schnittpunkt der Konfliktlinien).
  • Wie viel Dissens können wir uns leisten – worin brauchen wir Konsens? Was macht „die Mitte“ aus? Die Lernenden beantworten in Einzelarbeit Frage 8 (Handout 2), vergleichen ihre Ergebnisse zunächst in Gruppen und dann im Plenum. Reflexion: Welche Bedeutung kommt diesen Fragen zu? (Wenn wir uns einig sind über die Entscheidungsverfahren und über unser politisches und wirtschaftliches System, können wir uns einen „herzhaften“ Dissens in der Sache erlauben.)
  • Hält der Minimalkonsens, auf den unsere Demokratie angewiesen ist? Wird er in Frage gestellt?
(2) Wo stehen die politischen Parteien?
  • Parteiprogramme: Welche Grundpositionen und Entwicklungen sind erkennbar?
  • Welche Grundorientierung lässt sich an der praktischen Politik der Partei ablesen? Eine exemplarische Analyse dürfte zeigen, dass die Parteien sich in ihrer „Realpolitik“ vielfach Kompromisse schließen müssen und sich von ihren (früheren) programmatischen Grundpositionen distanzieren. Das gilt insbesondere für Parteien in Regierungsverantwortung, während Parteien in der Oppositi-on sich stärker im Sinne ihrer Grundorientierung profilieren können.
  • Historische Perspektive: Wann wurden die Parteien, die derzeit im Parlament vertreten sind, gegründet? Welche Konflikte gaben den Anstoß zur Gründung einer liberalen, konservativen, sozialistischen bzw. sozialdemokratischen oder grünen Partei?
(3) Analyse der Verfassung

Grundrechte, Verfahren der politischen Willensbildung, Gesetzgebung, Volksabstimmungen, Sozialstaat, Wirtschaftssystem: Welche Utopien und Grundpositionen sind in der Verfassung verankert? Werden Utopien obsolet, wenn sie sich erfüllen (Beispiel: Das Recht auf Meinungsfreiheit)?

Varianten

Inhaltlich-didaktische Varianten:

  • Die Grundfragen in Handout 1 werden auf die polity-Dimension gekürzt (Fragen 1-4).
  • Die Grundfragen in Handout 1 werden um zusätzliche Grundfragen zur polity-und policy-Dimension erweitert: Sanktionierung von Regelverstößen, Religion, politische Kultur und Zivilgesellschaft, Bildung, Menschenbild (vgl. dazu Petrik 2013; 156 ff.).

Methodische Varianten:

  • Handlungs- und problemorientiertes Entscheidungsspiel: Die Lernenden bilden eine Gemeinschaft, z.B. nach einer Flugzeug- oder Schiffshavarie, und gründen auf einer bisher unbewohnten Insel ein neues Gemeinwesen. Sie müssen sich in der Beantwortung der Grundfragen einigen, um ein Gemeinwesen gründen zu können. Vgl. dazu Petriks (2013) Entwurf eines Dorfgründungsszenarios.
  • Rollenspiel: Die Lernenden bilden eine Jury, welche die vier Grundorientierungen auf den Prüfstand stellt. Vier Teams halten Plädoyers für je eine Grundposition. Die Jury fragt kritisch nach, diskutiert und entscheidet.
  • Lehrgang: Die Lernenden gehen den vier Grundpositionen auf den Grund und beziehen Auszüge der Originalquellen ein. Sie analysieren die undemokratischen bzw. menschenrechtsfeindlichen Extrempositionen, in die jede Grundposition umkippen kann (vgl. Petrik 2013; 197).

Literatur

Andreas Petrik (2013): Von den Schwierigkeiten, ein politischer Mensch zu werden. Konzept und Praxis einer genetischen Politikdidaktik. 2. Aufl., Opladen u.a. Verlag B. Budrich.

Handout 1

Grundfragen der Gesellschaft

Jede Gesellschaft muss die folgenden Fragen für sich klären und sich für eine der möglichen alternativen Lösungen entscheiden. In einer Demokratie haben alle Mitglieder der Gesellschaft die Freiheit, ihre politische Position zu bestimmen – und sie sollten diese Freiheit nutzen, um die Gemeinsamkeiten und Gegensätze in politischen Auseinandersetzungen besser zu verstehen.

Nr. Grundfrage Gewählter
Lösungsansatz
1 Wer hat das Recht, zu entscheiden wie die Probleme in unserer Gesellschaft gelöst werden sollen und wie sich unsere Gesellschaft weiter entwickeln soll?
2 Wie wollen wir Konflikte lösen?
3 Wer soll die Produktion von Gütern und Dienstleistungen steuern und wer soll über Grund und Boden oder Produktionsmittel als Privateigentum verfügen können?
4 Wie sollen Güter und Dienstleistungen in unserer Gesellschaft verteilt werden?
5 Wie gehen wir mit Fremden (z.B. Zuwanderern, Asylbewerberinnen) um?
6 Wie gehen wir damit um, dass Menschen z.B. unterschiedliche sexuelle, kulturelle oder religiöse Orientierungen haben und auf verschiedene Weise leben wollen?
7 Wie gehen wir mit unseren ökologischen Lebensgrundlagen um?

 

Grundfragen der Gesellschaft – Vier Grundpositionen

Vier Leitideen

A

Autorität und Herrschaft, ganz gleich durch wen, führen immer dazu, dass sich eine Machtelite herausbildet. Das Ziel der Freiheit und Gleichheit für alle lässt sich nicht mit autoritärem Zwang erreichen.

Wir wollen den Staat demokratisieren und dezentralisieren und den Bürgern die Kontrolle sichern, z.B. durch Volksabstimmungen. Der Staat muss ökonomische, soziale, sexuelle, rassistische und andere Formen der Diskriminierung abbauen. Politik, Verwaltung, Wirtschaft werden basisdemokratisch auf kommunaler Ebene organisiert.

B   

Der Wettbewerb schafft die Voraussetzung, dass alle Individuen ihre Freiheit so wahrnehmen, dass sie der Allgemeinheit nutzen (Prinzip der „unsichtbaren Hand“). Aus dem egoistischen Handeln der Einzelnen entsteht Wohlstand für die Allgemeinheit.
Der Staat hat nur die Aufgabe, die Sicherheit des Privateigentums nach innen und die des Gemeinwesens nach außen zu schützen.

AIle Denk- und Glaubensrichtungen sind gleichberechtigt, und keine hat den Anspruch auf absolute Wahrheit und Gültigkeit. Die besten und vernünftigsten Ideen setzen sich im Wettbewerb der Argumente durch.

Das Privateigentum von Produktionsmitteln ermöglicht es einigen wenigen, die Wirtschaft zu kontrollieren und ihren Gewinn daraus zu ziehen. Politische Macht, Wohlstand und Lebenschancen werden durch diese Eigentumsverhältnisse ungleich verteilt. Unser Ziel ist die Überwindung der sozialen Ungleichheit, indem wir die Produktionsmittel in das Eigentum der Gesellschaft überführen (Vergesellschaftung).

Wir brauchen einen starken Staat, um die Widerstände zu überwinden, die sich der Vergesellschaftung der Produktionsmittel in den Weg stellen.

Wir müssen der gewachsenen traditionellen Ordnung und überlieferten Kultur mit Respekt begegnen und behutsam mit diesem Erbe umgehen.

Wir verteidigen die Ordnung der parlamentarischen Demokratie und der Marktwirtschaft, die auf Wettbewerb und Privateigentum beruht. Wir befürworten einen starken Staat, der rechtsstaatliche Prinzipien durchsetzen kann und die innere und äußere Sicherheit garantiert. Um komplexe politische Probleme lösen zu können, ist es unabdingbar, sich auf den Rat und die Kompetenz von Experten zu stützen.

 

(1) Wer hat das Recht, grundlegende Fragen zu entscheiden?

1.1

Wir brauchen einen starken Staat, der die Gesellschaft (um)gestalten und die Schwachen schützen kann.

Wir brauchen professionelle Entscheidungsträger, die demokratisch bestimmt werden (repräsentative Demokratie) und sich von Expertinnen beraten lassen.

1.2  

Wir brauchen einen starken Staat, der unsere kulturelle Tradition und bewährten Institutionen erhalten, behutsam weiterentwickeln und nach außen schützen kann.

Wir brauchen professionelle Entscheidungsträger, die demokratisch bestimmt werden (repräsentative Demokratie) und sich von Expertinnen beraten lassen.

1.3

Bürgerinnen und Bürger müssen sich an allen wichtigen Entscheidungen beteiligen können. Im Austausch den Ideen und Argumente entwickeln wir gemeinsam unsere Gesellschaft weiter.

Wir entscheiden alle Fragen basisdemokratisch und versuchen sie im Konsens zu entscheiden. Wir sind offen für online-basierte Entscheidungsverfahren.

1.4

Bürgerinnen und Bürger müssen sich an allen wichtigen Entscheidungen beteiligen können. Im Austausch den Ideen und Argumente entwickeln wir gemeinsam unsere Gesellschaft weiter.

Die Mehrheit der gewählten Vertreter und Vertreterinnen entscheidet. Bundesländer oder Kantone entscheiden mit (Föderalismus).

 

(2) Wie wollen wir Konflikte lösen?

2.1

Konflikte in unserer Gesellschaft und mit anderen Ländern lösen wir gewaltfrei im Dialog.

Wir verzichten auf Streitkräfte und militärische Abschreckung (Entmilitarisierung, Pazifismus). Fall unser Land angegriffen wird, machen wir es unregierbar durch ge-waltfreien Widerstand (soziale Verteidigung).

2.2

Auf Gewalt und Abschreckung können wir nicht verzichten, um Konflikte mit anderen Ländern zu verhüten bzw. zu lösen. Durch den Einsatz des Militärs können wir Frieden stiften und Werte vermitteln.

Durch das Bekenntnis zu gemeinsamen Werten und der gesetzlichen Ordnung können wir Konflikte in der Gesellschaft vermeiden und schlichten.

2.3

Konflikte in unserer Gesellschaft und mit anderen Ländern lösen wir gewaltfrei im Dialog.

Der Einsatz von Gewalt oder eine militärische Intervention ist für uns das letzte Mittel, wenn alle anderen Lösungen nicht möglich sind (ultima ratio).

2.4

Auf Gewalt und Abschreckung können wir nicht verzichten, um Konflikte mit anderen Ländern zu verhüten bzw. zu lösen. Durch den Einsatz des Militärs können wir Frieden stiften und Werte vermitteln.

Wir können Konfliktursachen überwinden, wenn wir eine Welt schaffen, in der kein Mensch mehr andere Menschen ausbeutet und unterjocht.

 

(3) Wer soll die Produktion von Gütern und Dienstleistungen steuern und wer soll Eigentum erwerben können?

3.1

Die Aussicht auf privaten Gewinn und Wohlstand schafft den Anreiz, dass alle ihr Privateigentum und ihre Arbeitskraft so einsetzen, dass sie – und damit zugleich die Allgemeinheit – den größtmöglichen Nutzen haben. Privateigentum und Erbrecht sind garantiert.

Der Staat fördert mittelständische Unternehmen, um die Wettbewerbsvielfalt zu erhalten.

3.2

Ziel: Kooperation statt Konkurrenz. Kontrolle der Wirtschaft, um größtmögliche soziale Gleichheit herzustellen und die Ungleichheiten, die vom Markt geschaffen werden, zu korrigieren.

Der Zentralstaat kontrolliert und steuert die Wirtschaft durch öffentliche Investitionen, Vergesellschaftung von Schlüsselbranchen und Großbetrieben und die Mitbestimmung der Beschäftigten. Wachstum und Wohlstand hat Vorrang vor Nachhaltigkeit.

3.3

Ziel: Kooperation statt Konkurrenz. Kontrolle der Wirtschaft, um sie nachhaltig und solidarisch auszurichten.

Dezentrale, basisdemokratische Kontrolle in den Gemeinden über die Wirtschaft. Vergesellschaftung und Selbstverwaltung, z.B. in der Energieproduktion und in mittelständische Betrieben. Die Ökologie hat Vorrang vor Wachstum und Wohlstand. Daraus folgt z.B. der Ausstieg aus der Karbonwirtschaft und der Schutz der Artenvielfalt.

3.4

Die Aussicht auf privaten Gewinn und Wohlstand schafft den Anreiz, dass alle ihr Privateigentum und ihre Arbeitskraft so ein-setzen, dass sie – und damit zugleich die Allgemeinheit – den größtmöglichen Nutzen haben. Privateigentum und Erbrecht sind garantiert.

Der Staat fördert (inter)nationale Großunternehmen u.a. mit Subventionen und Zöllen (Standort-Protektionismus).

 

(4) Wie sollen Güter und Dienstleistungen in unserer Gesellschaft verteilt werden?

4.1

Ziel: Größtmögliche soziale Gleichheit. Korrektur des Wettbewerbs am Markt, der Gewinner und Verlierer schafft, durch Umverteilung des Wohlstands.

Umverteilung des Wohlstands durch einen basisdemokratisch kontrollierten, dezentralisierten Staat, der bedingungsloses Grundeinkommen für alle oder Kollektiveigentum durchsetzt.

4.2

Chancengerechtigkeit für alle. „Leistung muss sich lohnen“, so dass die ungleiche Verteilung des Wohlstands im Wettbewerb notwendig und gerechtfertigt ist. Minimale Steuern und Sozialleistungen, um Leistungsanreize zu erhalten und nur jenen Bedürftigen zu helfen, die keine Leistung erbringen können.

Persönliche Freiheit geht einher mit Eigenverantwortung. Jede Person entscheidet, wie sie auf materielle Arbeitsanreize reagiert.

4.3

Chancengerechtigkeit für alle. „Leistung muss sich lohnen“, so dass ungleiche Verteilung des Wohlstands notwendig und gerechtfertigt ist. Minimale Steuern und Sozialleistungen, um den Leistungsanreiz zu stärken.

Milderung der Gegensätze zwischen Arm und Reich durch freiwillige Wohltätigkeit und eine Dienstpflicht für alle.

4.4

Ziel: Größtmögliche soziale Gleichheit. Korrektur des Wettbewerbs am Markt, der Gewinner und Verlierer schafft, durch Umverteilung des Wohlstands.

Umverteilung des Wohlstands den Zentralstaat. Seine Instrumente sind die Steuerpolitik (hohe Progression, Besteuerung von Einkommen, Gewinn, Erbschaften, Sach- und Geldvermögen), Sozialleistungen und ein verbindlicher Mindestlohn.

 

(5) Wie gehen wir mit Fremden (z.B. Zuwanderern, Asylbewerberinnen) um?

5.1

Der Staat steuert und kontrolliert die Aufnahme von Fremden und Zuwanderern.

Ziel: Nationale und ethnische Identität stiften Zusammenhalt in der Gesellschaft. Fremde und Zuwanderer ordnen sich unserer Leitkul-tur unter und passen sich an die Lebensweise und Traditionen der einheimischen Bevölkerung an.

5.2

Immigration ist ein Menschenrecht. Niemand verlässt seine Heimat ohne zwingenden Grund.

Die Gemeinden entscheiden dezentral über die Aufnahme von Menschen, die zu uns kommen. Wir praktizieren Inklusion. Zuwanderer bereichern unsere pluralistische Gesellschaft und tragen zur Vielfalt ihrer Kulturen bei.

5.3

Immigration ist eine Chance – als Wirtschaftsfaktor.

Die Gemeinden und Unternehmen entscheiden dezentral über die Aufnahme von Menschen, die zu uns kommen. Wir praktizieren Inklusion. Zuwanderer bereichern unsere pluralistische Gesellschaft und tragen zur Vielfalt ihrer Kulturen bei.

5.4

Der Staat steuert und kontrolliert die Aufnahme von Fremden und Zuwanderern.

Ziel: Überwindung der nationalen zugunsten einer internationalen Identität. Nationen und Länder übergreifend findet ein solidarischer und kooperativer Kulturwandel statt, der durch den Wandel der Wirtschaft ermöglicht wird.

 

(6) Wie gehen wir damit um, dass Menschen leben wollen, so wie es z.B. ihrer sexuellen Ori-entierung, ihrer Kultur oder ihrem Glauben entspricht?

6.1

Ehe und Familie sind die Basis der Gesellschaft.

Mann und Frau emanzipieren sich von den traditionellen Rollenmustern und gestalten ihre Beziehungen solidarisch und respektvoll. Die Emanzipation der Menschen geht einher mit der Entwicklung einer solidarischen Gesellschaft.

6.2

Alle Menschen emanzipieren sich von traditionellen Rollen. Sie haben die Freiheit ihre sexuelle Identität zu verwirklichen.

Die Familie wird nicht vom Mann dominiert. Es herrscht ein Pluralismus der Lebensstile und Lebensformen.

6.3

Alle Menschen emanzipieren sich von traditionellen Rollen. Sie haben die Freiheit ihre sexuelle Identität zu verwirklichen.

Freie Liebe, antiautoritäre Lebensgemeinschaften.

6.4

Ehe und Familie sind die Basis der Gesellschaft.

Traditionelles Familienbild, einschließlich der geschlechtsspezifischen „natürlichen“ Rollen von Mann und Frau.

 

(7) Wie gehen wir mit unseren ökologischen Lebensgrundlagen um?

7.1

Ziel: Sozial-ökologische Umgestaltung der Wirtschaft – mit dem Vorrang der Ökologie.

Oberstes Erfolgskriterium: Nachhaltigkeit und Erhaltung unser Lebensgrundlagen auf dem einen Planeten. Strategien: z.B. Ausstieg aus der Karbonwirtschaft, Produktionsverbote, basisdemokratisch kontrollierte Investitionen, Öko-Steuern, CO2-Abgaben.

7.2

Das Wachstum der Wirtschaft und die Profite der Unternehmen sind das vorrangige Erfolgskriterium. Marktkonforme Anreize zur Umorientierung auf nachhaltigere Wirtschaftsformen sind akzeptabel (z.B. CO2-Zertifikate).

7.3

Sozial-ökologische Umgestaltung der Wirtschaft – mit dem Vorrang der sozialen Gerechtigkeit.

Das Wachstum des Wohlstands ist die Voraussetzung für die Umverteilung von oben nach unten. Oberstes Erfolgskriterium: Soziale Gerechtigkeit.

7.4

Das Wachstum der Wirtschaft und die Profite der Unternehmen sind das vorrangige Erfolgskriterium. Marktkonforme Anreize zur Umorientierung auf nachhaltigere Wirtschaftsformen sind akzeptabel (z.B. CO2-Zertifikate).

Moralisch-religiöse Grenzen, z.B. bei der Gen- und Embryonenforschung.

 

Handout 2

Worüber müssen wir uns einig sein? (Minimalkonsens)

Ich stimme zu / Ich stimme nicht zu (bitte ankreuzen): Ja Nein
1. Unser Staat ist eine Demokratie.
2. Unser Staat ist ein Rechtsstaat.
3. Unser Staat respektiert und schützt die Menschenrechte.
4. Wir tragen den Streit um die Lösung von Problemen und Konflikten gewaltfrei aus.
5. Unsere Wirtschaftsordnung ist die Soziale Marktwirtschaft.

 

Material für Lehrpersonen 1

Der Kompass der vier Grundorientierungen

Material für Lehrpersonen 2

Grundfrage (gekürzt) Zuordnung
Leitideen A Libertär, B Liberal, C Sozialistisch, D Konservativ
(1) Wer hat das Recht, zu entscheiden? 1.1 Sozialistisch, B Konservativ, 1.3 Libertär, 1.4 Liberal
(2) Wie wollen wir Konflikte lösen? 2.1 Libertär, 2.2 Konservativ, 2.3 Liberal, 2.4 Sozialistisch
(3) Wer soll die Produktion steuern? 3.1 Liberal, 3.2 Sozialistisch, 3.3 Öko-libertär, 3,4 Konservativ
(4) Wie sollen Güter verteilt werden? 4.1 Öko-libertär, 4.2 Liberal, 4.3 Konservativ, 4.4 Sozialistisch
(5) Wie gehen wir mit Fremden um? 5.1 Konservativ, 5.2 Öko-libertär, 5.3 Liberal, 5.4 Sozialistisch
(6) Wie gehen wir mit unterschiedlichen individuellen Orientierungen um? 6.1 Sozialistisch, 6.2 Liberal, 6.3 Öko-libertär, 6.4 Konservativ
(7) Wie gehen wir mit den ökologischen Lebensgrundlagen um? 7.1 Öko-libertär, 7.2 Liberal, 7.3. Sozialistisch, 7.4 Konservativ