1. Die drei Dimensionen von EDC/HRE

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In der Demokratie- und Menschenrechtsbildung (EDC/HRE) geht es in erster Linie darum, was die Lernenden können sollten, und weniger darum, was ihnen die Lehrpersonen vermitteln sollten. Die drei Grundprinzipien und Hauptdimensionen dieses schüler-, kompetenz- und ergebnisorientierten Ansatzes lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen:

  • Die Gedankenfreiheit und das Recht der freien Meinungsäußerung sind grundlegende Bürgerrechte und zugleich eine Grundvoraussetzung demokratischer Teilhabe. In EDC/HRE kennen, verstehen und wertschätzen die Lernenden diese Freiheitsrechte und sie wissen, wie diese Rechte durch die Verfassung ihres Landes geschützt sind. Dies ist die kognitive Dimension des Lernens (Wissen, durch Konzepte erschlossenes Verstehen).
  • In EDC/HRE lernen die Schülerinnen und Schüler, wie sie von ihrem Menschenrecht der Gedankenfreiheit und freien Meinungsäußerung Gebrauch machen können. Und genau weil die Teilhabe in einer demokratischen Gesellschaft nicht möglich ist, ohne von diesen Freiheitsrechten Gebrauch zu machen, werden die Lernenden ermutigt, ihre Ansichten zu reflektieren und auf verschiedene Weise zu äußern, z.B. durch das Argumentieren in der Öffentlichkeit (kompetenzorientierte Dimension des Lernens).
  • Die Lernenden brauchen den Mut, auch dann von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung auch dann Gebrauch machen, wenn sie gegen die Mehrheitsmeinung streiten müssen. Sie müssen bereit sein, auch denen mit Toleranz und persönlichem Respekt zuzuhören, deren Position sie nicht teilen. Indem sie einen Streit auf die Sache beschränken, also auf Personalisierung verzichten, können sie Konflikte mit gewaltfrei und friedlich lösen werden (einstellungs- und wertebezogene Dimension des Lernens).

Was dieses Beispiel zeigt lässt sich verallgemeinern – nicht allein auf die Wahrnehmung anderer Menschenrechte, sondern auf Lernen und Bildung insgesamt. Jeder Bildungsprozess, der für die Lernenden bedeutsam sein und zur ihrer Kompetenzentwicklung beitragen soll, vollzieht sich in den drei miteinander verschränkten Dimensionen: Kenntnisse, Konzepte und Verstehen; Fertigkeiten und Kompetenzen; Einstellungen und Wertorientierung. Seit längerem wird dieser Bildungsbegriff von zahlreichen Experten und Praktikern anerkannt.

Damit sind das Bildungsziel und die Lernformen für Schülerinnen und Schüler umrissen. Was müssen Lehrpersonen in EDC/HRE tun, um angemessene Lernangebote zu schaffen? In knapper Form lässt sich diese Frage beantworten wie folgt:

EDC/HRE setzt sich das Ziel, Lernende in ihrer Entwicklung zu jungen Bürgerinnen und Bürgern zu unterstützen, die

  • ihre Menschenrechte kennen und die Voraussetzungen verstehen, auf die sie angewiesen sind („über” Demokratie und Menschenrechte lernen);
  • ihre Schule als eine Mikro-Gesellschaft erlebt haben, welche die Freiheiten und Gleichberechtigung der Lernenden respektiert, und die erprobt und trainiert haben, von ihren Menschenrechten Gebrauch zu machen und die Menschenrechte anderer zu respektieren („durch” Demokratie und Menschenrechte lernen);
  • somit kompetent und selbstbewusst ihre Menschenrechte wahrnehmen können, mit einem reifen Verantwortungsbewusstsein gegenüber Anderen und dem Gemeinwesen („für” Demokratie und Menschenrechte lernen).