Sequenz 4: Welcher Beruf passt zu mir?

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Woran soll ich meine Berufswahl ausrichten?

Die folgende Übersicht unterstützt die Lehrperson bei der Planung und Durchführung der Sequenz.
Kompetenztraining benennt die Kompetenzen, welche die Lernenden in dieser Sequenz trainieren (Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenzen).
Das Erkenntnisziel beschreibt die inhaltlichkognitive Dimension des Lernertrags.
Aufgaben und Methoden dienen der Gestaltung des Lernprozesses.
Medien und Hilfsmittel bieten eine Checkliste für die technischorganisatorische Vorbereitung.
Die Richtwerte zum Zeitbudget unterstützen das Zeitmanagement.
Kompetenztraining Die Lernenden können Kriterien der Entscheidungsfindung bestimmen, abwägen und in eine Rangfolge bringen.
Erkenntnisziel Persönliche Stärken und Neigungen bzw. Interessen sind die Hauptkriterien der Berufsfindung.
Aufgabe Die Lernenden wählen einen Beruf und begründen ihre Wahl.
Medien und Hilfsmittel Material für Lehrpersonen 1.2 (Einzelne Berufe auf Karten; Anzahl: ca. 10 mehr als Lernende in der Klasse vorhanden sind.)
Handout 1.3 Auswertungsraster: Kriterien bei der Berufswahl und ihre Gewichtung
Methoden Einzelarbeit
Plenumsdiskussion
Zeitbudget 1. Die Lernenden entscheiden über ein Stellenangebot (Entscheidungsspiel). (15 Min)
2. Sie werten das Entscheidungsspiel aus. (15 Min)
3. Sie vergleichen ihre Kriterien der Berufswahl. (10 Min)

Information

In der vorangegangenen Sequenz hatten die Lernenden drei Kernfragen angesprochen, die für ihre Zukunft von grundlegender Bedeutung sind: Berufswahl, Partnerwahl und Kinderwunsch. In der Sequenz 1.4 ergründen sie die Kriterien, die bei einer dieser drei Entscheidungen, der Berufswahl, eine Rolle spielen.

Zwei Fragen sind dabei von besonderer Bedeutung:

  • Welche Aufgaben und Tätigkeiten entsprechen meinen Neigungen und Interessen?
  • In welchem Beruf kann ich meine Stärken zur Geltung bringen? (Bzw.: Wettbewerb gibt es überall; wo kann ich meine beste Leistung erbringen?)

Die Bedeutung dieser beiden Fragen ist offenkundig, doch stellt die Suche nach einer Antwort die Lernenden vor eine schwierige Aufgabe, bei der es eigentlich um eine zweifache Erkundung geht: Die erste Frage erfordert gleichsam eine Reise nach innen, eine Erkundung der eigenen Identität. Die zweite Frage setzt konkrete Informationen über die vorhandenen Berufe und Berufschancen voraus. Sinnvoll erscheint uns in dieser Situation ein Berufserkundungsprojekt, in dem die Lernenden sich über einen Beruf informieren, der sie besonders interessiert.

Dabei nehmen sie zugleich ein elementares Freiheitsrecht wahr, nämlich das Recht der freien, eigenverantwortlichen Wahl eines Berufs – mit allen Chancen und Risiken, die damit einhergehen. Insofern haben sie nicht nur Entscheidungsfreiheit, sie unterliegen auch einem Entscheidungszwang.

 

Verlauf der Sequenz

Vorbereitung

Die Mitte des Klassenraums muss freigeräumt sein, damit die Lernenden Platz haben, sich während der Simulation der Berufstauschbörse frei zu bewegen. Falls die Raumverhältnisse es zulassen, sitzen die Lernenden im Hufeisen.

Die Lehrperson bereitet einen Kartensatz vor (vgl. Material für Lehrpersonen 1.2: Karten für die Simulation der Berufstauschbörse). Sie kann das Stellenangebot der Situation und den Interessen der Klasse anpassen, indem sie z.B. den Anteil der Berufe, die ein Studium voraussetzen, erhöht oder vermindert. Ebenso kann sie das Szenario des Fachkräftemangels oder der Arbeitslosigkeit abbilden, indem die Gesamtzahl der Karten größer oder kleiner als die Anzahl der Lernenden in der Klasse ausfällt.

Das Auswertungsraster (vgl. Handout 1.3) steht als Poster, an der Wandtafel oder auf einer Overheadfolie zur Verfügung.

1. Die Lernenden entscheiden über ein Stellenangebot (Entscheidungsspiel)

Die Lehrperson gibt einen Impuls – Simulierung der Stellensuche

Die Lehrperson weist darauf hin, dass die freie Wahl des Berufs ein Menschenrecht ist. Sie informiert die Lernenden, dass sie jetzt dann ein (fiktives) Stellenangebot erhalten werden. Der Beruf, um den es geht, steht auf der Karte, die sie erhalten werden. Selbstverständlich sind im Sinne des genannten Menschenrechts alle frei, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen.

Wenn die Karten verteilt sind, sollen diejenigen, die mit dem Angebot einverstanden sind, ihre Karte behalten. Wer das Angebot ablehnt, kann den Beruf zum Tausch anbieten, um an einen Beruf zu gelangen, der ihm oder ihr eher zusagt. Wer zum Schluss keinen Beruf gewählt hat, gilt als arbeitslos. Es handelt sich also um ein Entscheidungsspiel, das in vereinfachter Weise den Arbeitsmarkt abbildet. Ehe das Spiel beginnt, vergewissert sich die Lehrperson, dass alle Schülerinnen und Schüler die Spielregeln verstanden haben.

Die Lernenden suchen einen für sie passenden Beruf

Die Lernenden erhalten die von der Lehrperson willkürlich zugeteilten Berufskarten. Einige akzeptieren sie, andere weisen sie zurück und bieten ihre Karte zum Tausch an. Hierfür gehen sie im Klassenraum umher und agieren wie an einer Tauschbörse für freie Stellen. Nach 7–10 Minuten bricht die Lehrperson das Spiel ab und bittet die Lernenden, wieder Platz zu nehmen.

2. Die Lernenden werten das Entscheidungsspiel aus.

Ziel: Die Lernenden gewinnen Distanz zu ihren Rollen (debriefing).

Die Lehrerperson nennt das Thema der Sequenz – „Welcher Beruf passt zu mir?“ – und hält es an der Tafel fest. Sie fügt hinzu, dass genau dies die Frage war, mit der sich die Lernenden soeben im Simulationsspiel beschäftigten. Jetzt geht es darum, dieses Spiel auszuwerten.

Zunächst sollen die Lernenden die Gelegenheit haben, sich von ihrer Rolle im Spiel zu lösen. Die Lehrperson fragt sie daher, wie es ihnen während des Spiels ging. Die Lernenden können diese offene Frage auf verschiedene Weise beantworten, z.B. indem sie über ihre Gefühle berichten (Freude über den Glücktreffer, Angst vor der Arbeitslosigkeit, Ungewissheit), oder indem sie ihren Informationsbedarf thematisieren, da sie vielleicht manche Berufe gar nicht beurteilen konnten.

Die Lehrperson moderiert diese Phase, ohne die Schülerbeiträge zu kommentieren.

Die Lernenden reflektieren ihre Kriterien der Berufswahl

Nach etwa fünf Minuten wird die Phase der Rollendistanzierung beendet, es sei denn, dass die Lernenden sich sehr viel intensiver austauschen wollen. In diesem Falle wäre allerdings eine Erweiterung des Zeitrahmens um eine zusätzliche Sequenz erforderlich.

Die Lehrperson führt die zweite Frage zur Auswertung des Entscheidungsspiels ein: Nach welchen Kriterien haben die Lernenden ihre Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Beruf getroffen? Eine Reihe von Schülerinnen und Schülern nennen ihre Kriterien.

Die Lehrperson stellt den Lernenden das Raster vor (vgl. Handout 1.3: Kriterien für die Berufswahl). Die dort aufgeführten Kriterien werden jenen, die die Lernenden genannt haben, zumindest teilweise entsprechen.

Falls notwendig, erläutert die Lehrperson, weshalb das Kriterium „sicherer Arbeitsplatz“ fehlt: über einen Zeitraum von fünf oder mehr Jahren ist es kaum möglich vorherzusagen, welche Berufe Sicherheit vor Arbeitslosigkeit bieten werden.

Nun erhalten die Lernenden das Handout 1.3 (Kriterien der Berufswahl). Es soll ihnen als Werkzeug dienen, um die Kriterien zu reflektieren, die sie im Entscheidungsspiel berücksichtigt haben. In den leeren Zeilen können sie weitere Kriterien eintragen. In einem weiteren Schritt sollen die Lernenden die Kriterien gewichten (Rang 1, 2 usw.) und ihre Gewichtung begründen. Da die Kriterien dem Ziel der Berufswahl dienen, können die Lernenden, wenn sie möchten, gerne auch den Beruf ihrer Wahl auf Grund ihrer Kriterien hinzufügen. In der anschließenden Auswertung geht es darum, die Kriterien und ihre Gewichtung zu vergleichen, nicht die Berufswahl.

Die Lernenden arbeiten 5 – 10 Minuten an diesem Arbeitsauftrag (Einzelarbeit).

3. Die Lernenden vergleichen ihre Kriterien der Berufswahl

Alle Schülerinnen und Schüler tragen ihre Rangfolge der Berufswahl-Kriterien in das Auswertungsraster ein. Falls notwendig, ergänzen sie die Liste.

In einer anschließenden Gesprächsrunde (möglichst im Sitzkreis oder Hufeisen) begründen einzelne Schülerinnen und Schüler ihre Prioritäten.

Zum Abschluss der Sequenz informiert die Lehrperson, dass in der aktuellen Berufsberatung die Orientierung an den persönlichen Neigungen sowie Stärken oder Kompetenzen besonders betont wird. Die Begründung: Wettbewerb gibt es überall, und die zwei Kriterien Neigungen und Stärken weisen auf jene Berufe hin, in denen wir die besten Chancen haben, im Wettbewerb mit anderen zu bestehen.

Erweiterung: Ein Projekt zur Berufserkundung

Das Informationsproblem

Die Lernenden wissen, wie wichtig die Wahl des Berufs für ihre Zukunft ist. Vermutlich verstehen sie am Ende der vier Sequenzen auch besser, welche Kriterien bei ihrer Berufswahlentscheidung entscheidend sind. Die meisten dürften jedoch mit dem Problem zu kämpfen haben, dass sie kaum beurteilen können, welche Berufe es überhaupt gibt, die ihren Interessen und Stärken optimal entsprechen würden, und worin die besonderen Anforderungen, Entwicklungs- und Verdienstchancen in den verschiedenen Berufen und Berufsfeldern bestehen. Hinzu kommt, dass die Berufswelt sich rasch entwickelt und im Zuge eines permanenten Strukturwandels immer wieder Berufe verschwinden und neue entstehen.

Ein Berufserkundungsprojekt kann die Lernenden darin unterstützen, das Informationsproblem in ihrer Berufswahl zu lösen.

Die Aufgabe

Die Lernenden sollen einen Beruf erkunden, von dem sie annehmen, dass er ihren Wünschen und Stärken entspricht. Sie verbringen mehrere Tage – möglichst eine ganze Arbeitswoche – am Ar-beitsplatz oder im Betrieb eines Vertreters/einer Vertreterin ihres Wunschberufes. Sie beobachten sie/ihn bei der Arbeit und der Zusammenarbeit mit anderen und befragen sie/ihn anhand eines Leitfragenkatalogs (vgl. Handout 1.4). Soweit es die beruflichen Aufgaben und betrieblichen Gegebenheiten zulassen, werden sie auch praktisch tätig (Einbezug in Hilfstätigkeiten etc.); die Erkundung erweitert sich damit zum Kurzpraktikum.

An die Stelle des Stundenplans der Schule treten die Arbeitszeiten des Betriebs, allenfalls beschränkt durch den gesetzlichen Jugendschutz. Ein Schüler oder eine Schülerin kann daher morgens um 06.30 im OP stehen und der Chirurgin über die Schulter schauen, oder abends um 19.00 mit einem Anwalt sein Plädoyer für die Gerichtsverhandlung am nächsten Tag durchgehen.

Während und nach der Erkundungsperiode schreiben die Lernenden einen Bericht, der sich an den Leitfragen des Handouts 1.4 orientiert. Die Schule oder der zuständige Fachbereich entscheiden vorab, ob der Bericht bewertet wird, um dadurch einen Anreiz zu schaffen, die Aufgabe mit Sorgfalt zu erledigen. Wichtig ist jedenfalls, dass der Bericht systematisch angelegt ist, d.h. nicht als Tagebuch, sondern als Dokument, das die Informationen zusammenführt, die zur Beantwortung der Leitfragen wichtig sind.

Das Lernpotenzial einer Berufserkundung ist beachtlich und verlangt einiges an Arbeitsdisziplin. Von den Lernenden wird verlangt, dass sie eine fremde Umgebung – den Betrieb bzw. Arbeitsplatz – dif-ferenziert beschreiben und kommentieren. Die Informationen müssen sie selbst durch Beobachtung und Befragung gewinnen. Sie müssen ihre Zeit einteilen, um die laufenden Informationen und Notizen zeitnah zu dokumentieren und den Bericht abzuschließen, ehe ihre Erinnerungen verblassen.

Sofern es sich um Einzelerkundungen von Berufen mit einer Hochschulausbildung handelt, müssen die Lernenden ihre Erkundungsplätze in aller Regel selbst finden. Die Eltern können sie dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen, sollen jedoch aus Gründen der Rollendistanz nicht selbst den Erkundungsplatz anbieten.

Unterstützung durch die Schule und die Lehrpersonen

Im Mittelpunkt des Erkundungsprojekts stehen selbstverständlich die Lernenden. Sie sind auch für das Ergebnis und den Ertrag verantwortlich, wobei sie allerdings vom Informationsangebot ihrer Erkundungsstelle abhängig sind. Von der Schule werden sie in verschiedener Hinsicht unterstützt:

Die Schule schafft die Lerngelegenheit und den Zeitrahmen, sie autorisiert das Projekt und klärt die rechtlichen Fragen (ggf. Genehmigung durch das Ministerium bzw. die Schulaufsichtsbehörde; Klärung von Versicherungsfragen). Die Schule informiert die Eltern frühzeitig, da diese eine wichtige Rolle spielen (s.u.).

Falls notwendig, stellt die Schule den Lernenden ein Autorisierungsschreiben zur Verfügung, um sie bei der Suche nach einem Erkundungsplatz zu unterstützen. Nach Abschluss des Projekts erhalten alle Erkundungspartner ein Dankesschreiben der Schulleitung.
Während des Projekts besuchen die betreuenden Lehrpersonen möglichst viele Schülerinnen und Schüler an ihren Erkundungsstellen. Um bei Problemen, Unfällen usw. rasch reagieren zu können, ist jederzeit eine Lehrperson telefonisch erreichbar.

Für die Einführung in die Berufserkundung sind mindestens zwei Unterrichtsstunden erforderlich, dazu kommen kürzere Zeitspannen zur Klärung technisch-organisatorischer Fragen.

Auswertung der Berufserkundung

Wir empfehlen, die Erkundungsberichte zu benoten, um ihre Bedeutung zu unterstreichen. Die Berichte sollen mit dem Respekt behandelt werden, der einem persönlichen Dokument gebührt. Die Lernenden reflektieren eine Frage von r Bedeutung für ihre Zukunft und geben eine Menge von Informationen über sich selbst preis.

Inhaltliche Fragen lassen sich u.U. nur eingeschränkt beurteilen, da die Lehrperson an der Berufserkundung nicht teilnahm und vermutlich auch manche fachlichinhaltlichen Aspekte nicht kompetent beurteilen kann. Die Beurteilung sollte sich daher auf Fragen der inhaltlichen Plausibilität und Kohärenz, sowie auf formale Aspekte (Aufbau des Berichts und Berücksichtigung bzw. Gewichtung der Leitfragen) beschränken. Aus Schülerperspektive ist die Anfertigung des Erkundungsberichts oft lohnender als die Vorbereitung auf eine Klassenarbeit.

Für die Lernenden ist es eine Hilfe, über ihre Erfahrungen zu sprechen und sich auszutauschen. Innerhalb der regulären Unterrichtszeit dürfte dafür kaum Zeit zur Verfügung stehen. Eine gute Gelegenheit bietet hingegen ein spezieller Berufserkundungstag, verbunden mit einer Berufsinformationsbörse. Gut geeignet ist auch ein Elternabend oder ein Anlass für die Lernenden des nachfolgenden Jahrgangs. Zu diesen Anlässen können selbstverständlich auch die Erkundungspartner, Vertreter der Wirtschaft und die Presse eingeladen werden.

Unterstützung durch die Eltern

Die Eltern können eine wichtige Rolle übernehmen, um ihre Kinder bei der Klärung ihrer Interessen und Stärken zu unterstützen, da sie deren Entwicklung vom ersten Lebenstag an kennen. Ihre Perspektive unterscheidet sich deutlich von der einer professionellen Lehrperson.

Eltern begrüßen ein Berufserkundungsprojekt in aller Regel, da sie jede Hilfe für ihre Kinder bei der Berufsfindung schätzen. Aus verständlichen Gründen tendieren Eltern mitunter dazu, das Kriterium der (angeblichen) Arbeitsplatzsicherheit zu stark zu gewichten. In solchen Fällen versucht die Lehrperson den Eltern und ihren Kindern deutlich zu machen, dass es im anstehenden Projekt primär um die Suche nach einem Erkundungsplatz geht, bei dem die Interessen und Stärken der Jugendlichen (und erst in zweiter Linie die langfristige Arbeitsplatzsicherheit) im Zentrum stehen.

Die Suche nach einem Erkundungsplatz

Es ist in der Regel Aufgabe der Lernenden, mit Hilfe von Eltern, Familie und Freunden ihren Erkundungsplatz zu finden. Angesichts der steigenden Anforderungen in zahlreichen Berufen und Berufsfeldern können sich dabei allerdings Schwierigkeiten ergeben. Die Lernenden sollten jedoch nicht zu früh von ihrem Wunschberuf ablassen, handelt es sich doch um eine Berufserkundung, nicht um die Suche nach einem Arbeitsplatz. Falls nötig, können die Lernenden ihre Chancen vergrößern, indem sie nach einem Erkundungsberuf im weiteren Berufsfeld suchen. Beispiele: anstelle des Augenarztes finden sie eine Erkundungsstelle bei ihrem früheren Kinderarzt; anstelle eines Staatsanwalts übernimmt ein Anwalt oder Richter die Rolle des Erkundungspartners.

Im besten Falle lassen sich die Eltern motivieren, einen Pool von Erkundungsstellen anzulegen, der einerseits Berufe umfasst, die sie selbst ausüben, und andererseits Adressen von Erkundungspartnern, die bereit sind, auch künftig Schülerinnen und Schüler zu betreuen.

Unterstützung durch die regionale Wirtschaft und Behörden

Für Unternehmen, Selbstständige wie auch staatliche Behörden und Institutionen bedeutet es in der Regel einen beträchtlichen Aufwand, einem jungen Menschen eine Berufserkundung zu ermöglichen. Insofern leisten die Erkundungsstellen einen Dienst, der der Allgemeinheit zugutekommt.

Hinzu kommt der Nutzen, den die Berufserkundung für die Nachwuchsrekrutierung der Erkundungsbetriebe entfalten kann. Arbeitgeber sind an gut ausgebildeten Bewerbern interessiert, die eine klare Vorstellung von den Aufgaben besitzen, die sie erwarten. Insofern kann die Berufserkundung sie bei der Suche nach geeignetem Nachwuchs unterstützen – ein Aspekt, der angesichts sinkender Schülerzahlen künftig noch an Bedeutung gewinnen dürfte.

Während ihrer Erkundung tritt die Betreuung durch einen Mentor oder Ansprechpartner an die Stelle der Aufsicht in der Schule. Eine Bezahlung ist kaum vertretbar, da die Schule die Lernenden freigestellt hat. Die Lernenden arbeiten an einem Erkundungsauftrag (vgl. das Handout 1.4), was nicht mit einem entlohnten Ferienjob zu vergleichen ist.

Der langfristige Lernertrag der Berufserkundung

Die Praxiserfahrung hat gezeigt, dass die Lernenden einen ernsthafteren, reiferen Zugang zu den Lernangeboten der Schule gewinnen, unabhängig vom Ergebnis ihrer Berufserkundung. Sie kennen ihre Interessen und Stärken genauer und sie können die Relevanz bestimmter Fächer besser einschätzen, da sie sie konkreter in Bezug zu ihrer Studien- und Berufsorientierung setzen können.

Die Lernenden machen die Erfahrung, dass in allen Berufsfeldern Wert auf Allgemeinbildung gelegt wird, mit unterschiedlicher und teils auch unerwarteter Akzentuierung. Es macht einen Unterschied, wenn sie unter Ernstfallbedingungen (und nicht nur von der entsprechenden Fachlehrperson) erfahren, dass Handschrift und Rechtschreibung eine Rolle spielen. Und es ist eine spannende Erfahrung, dass sie mit ihren Vorkenntnissen aus der Schule in der Berufswelt tatsächlich etwas anfangen können.

Vielleicht kommen die Lernenden mit einem klaren Ergebnis von ihrer Berufserkundung zurück, da sie nun die Gewissheit haben, ihren Wunschberuf gefunden zu haben – oder eben auch nicht. Im ersten Falle können sie ihre weiteren Schritte planen: Praktika, gezielte Fächerwahl, Zusatzausbil-dung usw. Im anderen Falle müssen sie zwar weitersuchen, haben aber sicher ihre Kriterien überprüft und geschärft, und die Erkundung hat sie möglicherweise von einer Illusion befreit.

Agenturen und Informationsbörsen für Studien- und Berufsberatung

Die Informations- und Beratungsangebote der Agenturen für Studien- und Berufserkundung ergänzen die Berufsorientierung, die wegen des hohen Zeitaufwands kaum öfter als ein oder zweimal von der Schule angeboten werden kann. Die folgenden Links (zuletzt abgerufen am 19.11.2020) bieten einen Zugang.

Bundesrepublik Deutschland

http://berufenet.arbeitsagentur.de (Abruf am 03.07.2021)
http://www.bildungsserver.de – Suche „Berufsorientierung“ (Abruf am 03.07.2021)
http://www.studienwahl.de/ (Abruf am 03.07.2021)
https://www.berufskunde.de (Abruf am 03.07.2021)
Die Bundesländer haben eigene Angebote entwickelt, so z.B.:
Baden-Württemberg: http://bo-bw.de/,Lde/Startseite (Abruf am 03.07.2021)
Nordrhein-Westfalten: http://www.schulministerium.nrw.de – Suche „Berufliche Orientierung“, „Studi-enorientierung“ (Abruf am 03.07.2021)

Österreich

https://erwachsenenbildung.at/ – Suche „Berufliche Orientierung“ (Abruf am 03.07.2021)
https://www.berufskunde.de/at (Abruf am 03.07.2021)

Schweiz

https://berufskunde.com/index.html (Abruf am 03.07.2021)
https://www.studium-schweiz.ch/ (Abruf am 03.07.2021)