6. Handlungsorientierter Ansatz: Das Lernen begleiten

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Die neun im vorliegenden Handbuch versammelten Unterrichtseinheiten sind als kleine Projekte konzipiert. Die Schüler/innen setzen sich handelnd mit Problemen auf eine Weise auseinander, wie sie für die Arbeit in und mit Projekten typisch sind, was z.B. den Lernstoff, die Arbeitsorganisation, die Kommunikation oder das Zeitmanagement betrifft. Indem sie Wege und Mittel finden, wie die vorgelegten Probleme erkannt und gelöst werden können, erwerben die Schüler/innen eine Reihe von wichtigen Kompetenzen (handlungs- und lernaufgabenbasiertes Lernen, task-based learning).

Ein Beispiel: In der ersten Einheit haben die Kinder die Aufgabe, eine Blume zu gestalten, die ihren Namen trägt und mit ihrem Photo versehen ist. Es ist ihnen selbst überlassen, wie sie die Blume gestalten, wo sie die Materialien auftreiben, wie sie eine geeignete Photographie finden und wie sie ihre Zeit planen. Auf diese Weise lernen die Kinder sehr viel «on the job». Trotzdem muss die Lehrperson den Rahmen für die Aufgabe abstecken und sie sorgfältig planen. So sind etwa Entscheidungen zu folgenden Fragen zu treffen: Wie viel Zeit werden die Kinder brauchen? Welche Materialien muss ich bereitstellen? Soll ich gewisse Teile für die Blumen vor dem Unterricht vorbereiten? (Siehe die in Einheit 1 vorgestellten Varianten des Projekts).

Das Beispiel zeigt, dass Kinder schon sehr früh ermutigt werden können, Verantwortung für ihre schulische Arbeit zu übernehmen. De facto bedeutet das, dass sie die Verantwortung mit der Lehrperson teilen. Diese Art von frühen Erfahrungen ist wichtig, wenn Schüler/innen in den höheren Klassen ihre Arbeit zunehmend selbstständig planen sollen.

Im Unterricht zum Thema Kinderrechte (als einem Teilbereich der Bildung zur Demokratie) nimmt die Lehrperson eine Vielfalt von Rollen ein und wird in verschiedener Hinsicht aktiv. So entsprechen die Sequenzen zum Aspekt «Kinderrechte kennen lernen» oft der klassischen Funktion der Erteilung von Anweisungen und der Informationsvermittlung: Die Lehrperson vermittelt in einem Vortrag, einer Leseaufgabe oder einem sonstigen Impuls Informationen, damit die Schüler/innen sich das entsprechende Wissen über die Kinderrechte aneignen; ergänzend gibt sie evtl. weitere Anweisungen und Aufgaben. Ganz anders bei den Dimensionen «Kinderrechte erleben» und «Kinderrechte umsetzen». Hier geht es seitens der Lehrperson vor allem darum, didaktische Räume und Settings zu schaffen und behutsam zu moderieren, in denen die Schüler/innen handelnd, entdeckend und transferorientiert authentische Primärerfahrungen machen und reflektieren. Die Wahl der Unterrichtsform hängt, wie es auch unsere Planungsvorschläge zeigen, eng mit den Zielen und Inhalten zusammen, um die es in der betreffenden Sequenz geht.

Handlungsorientierter und aufgabenbasierter Unterricht erfordert jedenfalls eine sorgfältige Planung und Vorbereitung, auch wenn die Lehrperson auf den ersten Blick weniger aktiv erscheinen mag als im herkömmlichen Klassen- oder Frontalunterricht. In Tat und Wahrheit nämlich muss sie bei dieser Unterrichtsform das Geschehen in der Klasse ständig genau im Auge behalten und, während die Schüler/innen arbeiten, auf deren unterschiedliche Voraussetzungen, Kompetenzen, Lernbedürfnisse und Wertvorstellungen rasch und flexibel reagieren können.