Sequenz 1: Wünsche und Bedürfnisse: Was ist wichtig für mich?

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Die Schülerinnen und Schüler lernen, zwischen ihren Wünschen und ihren Grundbedürfnissen zu unterscheiden

Ziele Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass ihre individuellen Wünsche – Sachen, die sie gerne hätten, und Ideen, die sie gerne verwirklichen würden – genau so wichtig sind wie die Dinge, die Menschen für ein menschenwürdiges Leben benötigen.
Aufgaben Zur Vorbereitung schneiden die Lernenden möglichst viele Bilder aus Zeitungen und Zeitschriften aus. Sie wählen Bilder aus, die ihre Wünsche und Bedürfnisse darstellen; in einer Diskussion einigen sie sich auf eine Auswahl und begründen sie vor der Klasse. Sie versuchen, Wünsche und Bedürfnisse voneinander abzugrenzen.
Medien und Hilfsmittel Wäscheleine (ggf. eine Schnur), Wäscheklammern, Ausschnitte (Bilder) aus Zeitungen und Zeitschriften, Klassensatz des Arbeitsblatts „Zwischen ‘WÜNSCHEN’ und ‘BEDÜRFNISSEN’ unterscheiden“.
Methoden Klassengespräch, Diskussion, Gruppenarbeit, Kurzpräsentation.

Information für Lehrpersonen

Die Menschenrechte haben sowohl eine ethischen als auch eine rechtliche Dimension. Zwar gelten die Menschenrechte insgesamt als unteilbar, doch jeder Mensch klärt für sich selbst, was er für das eigene Leben als wichtig erachtet. Man muss sich auch im Klaren sein – das gilt besonders für junge Menschen –, dass es sich nicht bei allen Bedürfnissen um Grundbedürfnisse handelt, die in den internationalen Menschenrechtskonventionen als Rechte anerkannt sind. Junge Menschen müssen lernen, zwischen Wünschen und Bedürfnissen zu unterscheiden. Sie sollten zu respektieren lernen, dass Menschen gewissen Rechten eine größere Bedeutung beimessen können als anderen. Schließlich müssen sie die Bedeutung der weltweit geltenden Menschenrechte anerkennen und schätzen lernen. All das ist ein langfristiger Lernprozess. Wenngleich die rechtlichen Aspekte der Menschenrechte in dieser Sequenz nicht angesprochen werden, sollten sich Lehrpersonen über die Bedeutung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (10. Dezember 1948) im Klaren sein. Fast alle Staaten der Welt haben sie unterzeichnet und den Willen bekundet, sie zu respektieren. Sie liefert den normativen Rahmen der internationalen Übereinkommen, die seitdem geschlossen wurden. In Europa ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)10 das wichtigste rechtsverbindliche Menschenrechtsabkommen.

Verlauf der Sequenz

Das Tische werden für Gruppenarbeit (je 4- 6 Kinder) im Klassenzimmer aufgestellt. Die Lehrperson legt das komplette Arbeitsmaterial, das in dieser Sequenz benötigt wird, auf einem separaten Tisch bereit. So können sich die Lernenden selbst versorgen und am Ende der Sequenz alle Materialien wieder zurückbringen. Die Schülerinnen und Schüler erfahren auf diese Weise, dass ihren Lernprozess eigenverantwortlich gestalten können und auch sollen – darin liegt ein Schlüssel zum Erfolg der Demokratie- und Menschenrechtsbildung. Dazu gehört, dass sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrpersonen das Klassenzimmer als einen Lebensraum sehen, für den sie Sorge tragen. Es sollten möglichst viele Bilder – dutzende, vielleicht sogar hunderte – aus Zeitschriften an den Wänden des Klassenzimmers hängen, welche die Kinder zuvor gesammelt und an die Wände geheftet haben.

Die Lehrperson versammelt die Schülerinnen und Schüler vor der „Bilderwand“ und regt eine Diskussion an:

  • Welche Erfahrungen habt ihr beim Bildersammeln gemacht?
  • Hat euch dabei etwas überrascht? Wenn ja, was?

Nach einem einleitenden Gespräch von mehreren Minuten erhalten zwei Schüler die Aufgabe, die Wäscheleine (ca. 4 Meter lang) und 12 Wäscheklammern zu halten. Die Lehrperson hat zwei Karten vorbereitet, die sie mit den Begriffen „WÜNSCHE“ bzw. „BEDÜRFNISSE“ beschriftet hat. Eine dieser Karten befestigt sie am linken, die andere am rechten Ende der Leine. Sie bittet die Schülerinnen und Schüler, darüber nachzudenken, welche Bilder sie unter „WÜNSCHE“ und welche unter „BEDÜRF-NISSE“ einordnen würden. Nachdem alle darüber nachgedacht haben, bittet die Lehrperson zwei von ihnen, die vorgeschlagenen Bilder aufzuhängen und zu erklären, was sie zu ihrer Entscheidung bewogen hat. Anschließend versucht die Lehrperson in einer Diskussion mit den Kindern den Unterschied zwischen Wünschen und Bedürfnissen zu klären; sie soll aber darauf achten, keine Definition vorzugeben, sondern die Erklärungen der Kinder zu sammeln und zu ordnen.

Die Lernenden bilden Gruppen (4-6 Kinder) und erhalten die Aufgabe, sich aus der ganzen Bilder-sammlung 10 Bilder auszusuchen, fünf aus der Kategorie „WÜNSCHE „und fünf aus der Kategorie „BEDÜRFNISSE“. Jede Gruppe erhält diese Aufgabe schriftlich, entweder auf dem Arbeitsblatt, das an alle Kinder verteilt wird oder als Tafelanschrieb.

Aufgaben und Präsentation:

  • Die Kinder einigen sich in der Gruppe auf Auswahl von zehn Bildern. Sie achten darauf, dass sie je fünf der Kategorie „WÜNSCHE“ bzw. „BEDÜRFNISSE“ zuordnen. Falls zwei Gruppen dasselbe Bild ausgewählt haben, sollen die beiden Gruppen nach einer Lösung suchen.
  • Die Gruppen sollen über ihre Auswahl diskutieren und versuchen, folgende Fragen zu beantworten:
    • Weshalb ist das wichtig in meinem Leben?
    • Was wäre, wenn ich das nicht hätte?
    • Was möchte ich später im Leben haben oder erreichen?
    • Was bedeutet das für mich als Junge/als Mädchen?
  • Anschließend sollen die 10 ausgewählten Bilder nach Wichtigkeit geordnet werden und die Schülerinnen und Schüler erklären, weshalb sie diese Reihenfolge gewählt haben. Es gilt, eine Lösung zu finden, der alle Gruppenmitglieder zustimmen können.
  • Zwei Gruppenmitglieder halten die Wäscheleine, ein drittes Gruppenmitglied begründet die Auswahl des ersten und des letzten Bildes.

Die Lernenden versuchen, beim 1. und 10. Bild den Unterschied zwischen Wünschen und Bedürfnissen in eigene Worte zu fassen. Sind sie in der Lage, beide Begriffe zu „definieren“?

Die Wäscheleine mit allen ausgewählten Bildern wird an einem passenden Ort im Klassenzimmer aufgehängt.

10. Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, am 4. November 1950 zur Unterzeichnung aufgelegt und am 3. September 1953 in Kraft getreten https://www.echr.coe.int/Pages/home.aspx?p=basictexts/convention (Abruf am 14.02.2020. Die EMRK zeichnet sich dadurch aus, dass Europäische Bürger gegen die Verletzung ihrer Menschenrechte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg Klage erheben können.