Kapitel 3 – Die Menschenrechte kennenlernen

Living Democracy » Textbooks » Kapitel 3 – Die Menschenrechte kennenlernen

V6_P25&94

Einführung

Die Abbildung zeigt einige Gegenstände, die Kindern und Jugendlichen vertraut sind. Jedes Objekt kann als Symbol eines Menschen- oder Kinderrechts gedeutet werden: das Zelt steht für Freizeit, der Schirm symbolisiert Schutz. Die Mahlzeit erinnert uns an unsere physischen Bedürfnisse und das Buch verweist auf Bildung und Gedankenfreiheit. Der Teddybär steht für Spiel und Freizeit, und die Flagge für den Schutz der Bürgerrechte durch den Staat. Das Erste-Hilfe-Set symbolisiert medizinische Versorgung, der Briefumschlag Freiheit der Kommunikation und das Haus unsere Privatsphäre. Eine Weltkugel bildet die Basis der Menschenrechte; sie bringt zum Ausdruck, dass die Menschenrechte weltweit und für jeden Menschen auf dem Planeten gelten.

Die Symbole sind spielerisch übereinander angeordnet, und man könnte meinen, sie drehten sich. Zusammen bilden sie so ein Ganzes, das mehr bedeutet als seine einzelnen Teile. Es kommt jedoch auf jedes Menschenrecht an: zieht man ein Symbol heraus, fällt alles in sich zusammen.

Das Bild zeigt beispielhaft, welche Kraft scheinbar einfache Symbole entfalten können. Bereits im Grundschulalter können Kinder die Aufgabe erhalten, Symbole für Menschenrechte zu finden – und ältere Lernende ebenso. Solche Aufgabenformate regen sie an, ihre Lebenserfahrung mit den Menschenrechten zu verknüpfen und zu untersuchen, was die Menschenrechte für ihr Leben bedeuten.

Die nachfolgenden Lernangebote thematisieren die Menschenrechte und fokussieren damit auf das Kernthema der Menschenrechtsbildung. Währende andere Kapitel in diesem Band, z.B. jenes über Werte, die Menschenrechte als Unterrichtsprinzip erfahrbar machen – im Sinne des Lehrens und Lernens durch die Menschenrechte – ist dieses Kapitel dem Lernen über die Menschenrechte gewidmet:

  • Die Lernenden kennen die Menschenrechte und verstehen ihre Grundprinzipien. Sie sind mit einem oder mehreren Menschenrechten im Detail vertraut.
  • Die Lernenden wissen, wie sie die Menschenrechte lesen müssen, um sie genau zu verstehen, nämlich langsam und gründlich, da es auf jedes Wort ankommt.
  • Die Lernenden können einen Zusammenhang zwischen den Menschenrechten und ihrer Alltagserfahrung herstellen: Sie betrachten ihre persönlichen Erfahrungen, Wünsche und Bedürfnisse aus der Perspektive der Menschenrechte.

Dieser Ansatz ist für Lernende aller Altersgruppen geeignet. Ergänzend können und sollten die Kinderrechte thematisiert werden.

Einige der folgenden Aufgabenformate sind handlungs- und produktorientiert. Die Lernenden gestalten ein Plakat, eine Schatztruhe oder sie kreieren Symbole, die für bestimmte Menschenrechte stehen. Die Lernenden können ihre Kreativität entfalten und erfahren eine Abwechslung vom üblichen textbasierten Ansatz.

Alle Lernangebote erfordern eine anschließende Reflexion im Plenum, um den Lernertrag zu sichern. Die Lernenden sollten z.B. verstehen, dass Menschenrechte verletzt werden können und daher auf den Schutz des Rechtsstaats angewiesen sind (Verfolgung der Täter und Täterinnen, gesetzlich bestimmte Strafen).

Ab der Sekundarstufe I sollten die Lernenden sich ein vertieftes Verständnis der Menschenrechte erarbeiten:

  • Menschenrechte sind angeborene Rechte, d.h. sie sind unveräußerlich. Alle Menschen haben diese Menschenrechte von Geburt an, so dass sie keine staatliche Gewalt sie ihnen gewähren muss oder ihnen entziehen kann.
  • Menschenrechte gelten für alle gleich. Daraus folgt, dass wir alle akzeptieren, dass unsere Menschenrechte dort an ihre Grenzen kommen, wo Andere in der Wahrnehmung ihrer Menschenrechte beeinträchtigt werden. In erster Linie sollten wir für uns selbst herausfinden, wo diese Grenzen liegen; wenn nötig, müssen aber auch Gesetzgeber und Gerichte darüber entscheiden.
  • Menschenrechte müssen geschützt werden – auch gegen die Gewalt des Staates, wie der Europarat und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wiederholt berichtet haben. In einem Rechtsstaat müssen sie daher einklagbar sein (Prinzip der Rechtsweggarantie). In den Staaten, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, bildet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg die oberste Instanz für jene, die den Rechtsweg in ihren Staaten bis zum Verfassungsgericht ausgeschöpft haben.

Menschenrechtsdokumente

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) vom 10.12.1948 www.un.org/Depts/german/menschenrechte/aemr.pdf (Abruf am 09.03.2021).

Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 04.11.1950 https://www.echr.coe.int/documents/convention_deu.pdf (Abruf am 09.03.2021).

Konvention über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) vom 20.11.1989 https://www.unicef.de/informieren/materialien/konvention-ueber-die-rechte-des-kindes/17528) (Abruf am 09.03.2021).