8.9 Das Bleistiftspiel

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Ziele

Die Lernenden begreifen, dass sie in einer Situation wechselseitiger Abhängigkeit (Interdependenz) miteinander eine Lösung zum beiderseitigen Nutzen finden müssen.

Die Lernenden entwickeln ihre Kompetenz der Problemlösung und des Verhandelns.

Material Eine unbekannte Anzahl kleiner Papierzettel, ca. 5 x 5 cm, 1 Bleistift mit abgebrochener Spitze, ein Bleistiftspitzer

Verfahren

  1. Die Lehrperson erklärt das Spiel: die Klasse wird in drei große Gruppen aufgeteilt: A, B und C. Eine Gruppe erhält einen Stapel Papierzettel, die zweite einen Bleistift mit abgebrochener Spitze, die dritte einen Bleistiftspitzer. Das Spiel geht 15 Minuten. Das Ziel des Spiels besteht darin, mit dem Material, das die Gruppen haben, möglichst viele Zettel mit ihrem Buchstaben zu beschriften. Tipps zum Erreichen des Ziels werden nicht gegeben. Die Lehrperson weist darauf hin, dass falls ein Schüler oder eine Schülerin weitere Zettel, Bleistifte oder Spitzer ins Spiel schmuggelt, die betreffende Gruppe disqualifiziert wird und ihr Spielmaterial den beiden anderen Gruppen gemeinsam übergeben wird.
  2. Die Lernenden stellen sofort fest, dass sie auf die anderen Gruppen angewiesen sind. Keine zwei Spiele verlaufen gleich. Gruppen, die sich Zeit nehmen, ihre Verhandlungsstrategie zu besprechen und anschließend Delegationen zu den anderen beiden Gruppen entsenden, sind erfahrungsgemäß erfolgreicher. Die Gruppe im Besitz der Papierzettel kann ihr Material stückeln, was ihr im Wettbewerb mit den anderen Gruppen einen Vorteil verschafft.
  3. Die Gruppen finden in der Regel eine Lösung. Das kann eine Win-lose-Lösung sein (vgl. Lernszenario 8.1), d.h. einer Gruppe gelingt es, mehr Zettel mit ihrem Buchstaben zu markieren als den anderen. Manche Klassen entdecken die Möglichkeit einer Win-win-Lösung. In diesem Falle einigen sich die Gruppen zu kooperieren, indem sie ihre Materialien in einem Pool zusammenbringen und alle Zettel mit allen drei Buchstaben beschriften: „ABC“.

Variation

  1. Der Problem- und Wettbewerbsdruck im Spiel lässt sich deutlich verschärfen, indem die Zahl der Gruppen verdoppelt wird und jeweils zwei Gruppen mit je einem ungleich großen Stapel Papierzettel, einem abgebrochenen Bleistift und einem Spitzer miteinander ihr Problem lösen müssen.
  2. Durch die Modifikation des Zeitrahmens kann die Lehrperson die Aufgabe für die Lernenden erleichtern oder erschweren.

Auswertung

  1. Ein Debriefing, also eine Distanzierung von der Spielsituation, ist wichtig, da das Spiel starke Emotionen (bei einer Win-Lose-Lösung etwa Triumphgefühl, Verbitterung, Groll gegen einzelne Spieler und Spielerinnen) hervorrufen kann. Die Lehrperson moderiert das Gespräch, mit Impulsen wie z.B.:
    • Wie ging es Euch im Spiel?
    • Worüber habt Ihr Euch gefreut, worüber habt ihr Euch geärgert?
  2. Die Lernenden vergleichen die Spielsituation mit der Realität:
    • Ungleiche Ressourcen- und Chancenverteilung in der Welt, Interdependenz, fairer und unfairer Tausch.
    • Das Spiel zeigt eine Situation des Einigungszwangs, wenn nicht alle mit leeren Händen dastehen wollen. Ein „Wir zuerst“ nützt niemanden – z.B. in der Bewältigung des Klimawandels.
  3. Die Lernenden geben Feedback, was sie in diesem Spiel gelernt haben. Sie formulieren ggf. weiterführende Fragen, die im Unterricht oder in Schülerprojekten aufgegriffen werden können.