Methode 1: Handlungsorientiertes Lernen

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Wie man das Lernen durch die Aufgabe unterstützt

Interaktives und handlungsorientiertes Lehren und Lernen spielt bei den meisten Aktivitäten, die im vorliegenden Handbuch sowie in den anderen Bänden dieser Reihe beschrieben werden, eine Schlüsselrolle. Dieser Ansatz umfasst Kognition (Denken und Verstehen), Lernen und Handeln. In jeder Phase der Planung einer Sequenz, der Lernbegleitung, der Evaluation der Ergebnisse und der Reflexion des gesamten Prozesses steckt viel verstecktes Lernpotenzial für die Schülerinnen und Schüler.

Handlungsorientiertes Lernen integriert durchgehend Denken und Handeln, und dies wirkt sich auf den gesamten Lernprozess aus. Dieses Prinzip erschöpft sich also nicht darin, dass die Lernenden als Einstieg den realen Inhalten und Lerngegenständen kurz begegnen, und im „eigentlichen“ Lernprozess ausschließlich ihr Verstand gefordert ist. Vielmehr kann die Vernetzung von Denken und Handeln den Lernenden einsichtig machen, weshalb sie als Handelnde lernen bzw. als Lernende handeln (learning by doing): sie müssen eine Aufgabe oder ein Problem lösen, und selbst den Lösungsweg herausfinden, indem sie ihre verfügbaren Kompetenzen und Fertigkeiten einsetzen bzw. neu erarbeiten.

Handlungsorientiertes Lernen gibt den Lernenden die Freiheit – bzw. verlangt von ihnen, – ihren Lernprozess selbst zu steuern und in ihre individuellen Lernbedürfnisse zu definieren. Die Lernenden müssen entscheiden, ob und wann sie gezielte Instruktion (Information, Demonstration) durch die Lehrperson anfordern wollen. Es kommt zu einer Umkehr der Rollen: Die Lernenden stellen der Lehrperson eine Aufgabe und nicht umgekehrt. Handlungsorientiertes Lernen kombiniert somit Konstruktion und Instruktion in idealer Weise. Die Lehrpersonen sind herausgefordert, sich auf diesen Rollenwechsel einzulassen und ihre Unterstützungsleistungen jeweils angemessen zu dosieren. Sie sollten ertragen können, dass ihre Lernenden Fehler machen, und nicht intervenieren, um sie zu korrigieren.

Handlungsorientiertes Lernen ist problemorientiert. Die Lernenden befassen sich mit Problemen, an deren Lösung sie interessiert sind. Lernen ist nicht Selbstzweck, sondern verfolgt ein Ziel, das die Lernenden als sinnvoll ansehen und vom dem sie einen Nutzen erwarten. Die Schülerinnen und Schüler lernen, indem sie verschiedene Lösungswege erproben und sich selbst und ihrer Lehrperson Aufgaben stellen, die zu einer Lösung beitragen. Die Schule ist das reale Leben – dieses Leitmotiv von EDC/HRE gilt auch im handlungsorientierten Lernen, in dem die Lernenden nicht an Aufgaben arbeiten, deren Lösung die Lehrperson kennt, sondern an Problemen, deren Lösung unbekannt ist.

Im handlungsorientierten Lernen machen sich die Lernenden von ihrer Lehrperson schrittweise unab-hängig und nehmen die Situation vorweg, in der sie sich als Erwachsene im Studium, im Beruf oder in politischen Entscheidungsprozessen neue Sachverhalte und Probleme selbst erarbeiten müssen.

Die Lehrperson hat es in der Hand, für ihre Schülerinnen und Schülern handlungsorientierte Lernangebote zu schaffen. Zusammenfassend lassen derartige Lernangebote nach folgendem Muster gestalten:

  1. Die Lernenden stehen vor einem Problem, das sie betrifft und das sie lösen wollen. Von diesem Problem haben sie z.B. durch die Lehrperson, aus einem Schulbuch oder den Medien erfahren, oder es ergibt sich aus dem realen Umfeld der Schule oder der Lebenserfahrung der Lernenden.
  2. Die Lernenden planen ihr Vorgehen und stellen sich ihre Aufgaben selbst.
  3. Die Lernenden setzen ihren Plan um und fordern ggf. Unterstützung durch die Lehrperson an.
  4. Die Lernenden reflektieren ihren Lernprozess (learning by thinking about what we are doing) und stellen ihre Ergebnisse vor.

Wichtig ist, dass die Lernenden handlungsorientiertes Lernen häufig und in verschiedenen Kontexten erfahren können. Ein gutes Lernangebot, das von den Schülerinnen und Schülern die Lösung zahlreicher Probleme verlangt, ist das beste Mittel, um ein produktives und anregendes Lernumfeld zu schaffen.