1. Einführung

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Gelten die Grundsätze von EDC/HRE auch für das Lehren und Lernen im Allgemeinen? Wie und weshalb müssen Lernende beurteilt werden? Können Beurteilungen fair sein? Unterstützen Beurteilungen das Lernen und den Lernprozess?

In EDC/HRE müssen diese Fragen aus mehreren Gründen weiter ausdifferenziert werden:

Welche Kompetenzen lassen sich beurteilen? Welche Art von Wissen ist von zentraler Bedeutung? Das Modell des Europarates – „Kompetenzen für eine demokratische Kultur“ (2018, S. 53)67 – betont z.B. die Bedeutung von Kenntnissen über politische Institutionen: „ … demokratische Prozesse, wie demokratische Institutionen funktionieren, u.a. die Rollen politischer Parteien, Wahl- und Abstim-mungsverfahren.“ Es geht nicht um auswendig gelernte Fakten, sondern „Wissen und kritisches Denken“, das die Bürger dazu befähigt, die Verfahren und Institutionen zur politischen Teilhabe nutzen zu können.

Da jede Form des Lernens auf Grund ihres Lernertrags beurteilt werden muss, möchten wir diese Frage eingehend erörtern. Eine erste Antwort auf diese Frage lautet: Es kommt auf die Form der Beurteilung an, die wir auswählen! Falls die Lehrperson und die Lernenden die Lernleistung während eines Lernprozesses – nicht danach —beurteilen (formative Beurteilung), dient die Beurteilung der Unterstützung des Lernprozesses und ermöglicht den Lernenden, ihren Lernertrag zu steigern.

In diesem Kapitel möchten wir zu einem vertieften Verständnis des Lernens beitragen. Wir stellen verschiedene Ansätze und Formen der Beurteilung vor, ohne diese zu werten. Die Frage lautet nicht ob wir das Lehren und Lernen beurteilen sollen oder nicht, sondern in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt die Beurteilung stattfinden und welchen Zielen sie dienen soll.

Bei der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Beurteilungsverfahren geht es nicht um richtig oder falsch, besser oder schlechter. Für die Auswahl einer Lehr- und Lernmethode gilt das gleiche. Es geht in beiden Fällen um die Frage, sondern wann und wozu wir welche Methode einsetzen.

EDC/HRE lässt sich nicht auf ein Schulfach reduzieren, sondern es geht um bedeutend mehr. EDC/HRE liefert Konzepte, die sich auf das Lehr- und Lernklima auswirken. Wenn wir die Leistungen und den Lernertrag der Schülerinnen und Schüler in EDC/HRE beurteilen, gehört der Zugewinn der Kenntnisse, das neue Kompetenzniveau sowie die Beherrschung eines neuen Themenbereichs selbstverständlich dazu. In EDC/HRE fokussiert die Beurteilung auch auf dynamische Komponenten, darunter Einstellungen, Einsichten und Fächer übergreifende Kompetenzen wie Flexibilität, Kommunizieren, Interagieren oder Argumentieren. Die Beurteilung des Lehrens und Lernens ist daher mehrdimensional, und dies trifft auf sämtliche Fächer zu. Es gibt freilich bestimmte Bereiche in EDC/HRE, die wir nicht beurteilen können oder wollen, wie Werte und Einstellungen, ungeachtet der Kompetenzen, die wir bei unseren Schülerinnen und Schülern sehen wollen (mehr dazu im Kompetenzmodell des Europarats für eine demokratische Kultur).

67. https://www.living-democracy.com/de/competencies-for-democratic-culture/