Methode 15: Debattieren und diskutieren

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Eine Debatte kann uns auf unterschiedliche Meinungen zu einem kontroversen, d.h. umstrittenen Thema aufmerksam machen und uns in die Lage versetzen, die Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Ansichten zu erkennen und zu beurteilen. Für eine Debatte braucht es eine kontroverse Frage, zu der verschiedene Standpunkte möglich sind. Strittige Fragen lassen sich mit Ja oder Nein beantworten. In einer Demokratie gibt es immer mehr als nur eine Lösung oder Meinung. In aller Regel sind in einer Debatte nicht nur Meinungen, sondern auch unterschiedliche Interessen im Spiel.

Beispiele:

  • Sollen reiche Menschen mehr von ihrem Vermögen an arme Menschen abgeben?
  • Sollen Schulnoten abgeschafft werden?

Debatten sind ein wichtiges Mittel in der Demokratie, um im Streit miteinander eine Lösung für Probleme zu finden, die für möglichst alle akzeptieren können. Um miteinander streiten zu können, ist es wichtig, dass alle Beteiligten einander als Person respektieren – gerade dann wenn sie unterschiedliche Ansichten oder die Interessen vertreten.

Zwei Standpunkte – eine Debatte

Tipps für die Organisation:

  • Teilt die Klasse in zwei Gruppen ein. Eine Gruppe beantwortet die strittige Frage mit Ja (Pro-Gruppe), die andere mit Nein (Kontra-Gruppe).
  • Beide Gruppen suchen nach möglichen Argumenten (Begründungen), die ihren Standpunkt stützen, und nach Argumenten gegen den Standpunkt der anderen Gruppe. Gleichzeitig kann die Gruppe schon überlegen, mit welchen Argumenten die anderen sie wohl angreifen werden, um sich so auf die Debatte vorzubereiten. Vorbereitungszeit in der Gruppe: Ca. 10-20 Minuten.– Jede Gruppe hält ihre Argumente mit Stichwörtern fest.
  • Jede Gruppe bestimmt zwei Sprecher bzw. Sprecherinnen.
  • Die Debatte hat drei Teile: Eine Einstiegsrunde, die eigentliche Debatte und eine Schlussrunde.
    • Einstiegsrunde: Jede Gruppe erklärt kurz ihre Hauptargumente. Die Pro-Gruppe und die Kontra-Gruppe wechseln sich beim Sprechen ab. Zeit: Je ca. 4 Minuten.
    • Debatte: Die Gruppensprecher erklären und begründen ihre Argumente und versuchen, die Argumente der Gegenseite zu widerlegen. Zeit: Ca. 10 Minuten pro Gruppe.
    • Schlussrunde: diese Runde ist gleich aufgebaut wie die Einstiegsrunde. Alle haben die Möglichkeit, abschließend ihren Standpunkt zusammenzufassen und ihre Kernargumente zu wiederholen. Zeit: Gesamthaft ca. 5 Minuten.
Debattenleitung

Bestimmt jemanden aus der Klasse, der die Leitung der Debatte übernimmt. Dazu gehört zunächst, die Einhaltung der Zeitvorgaben während der Debatte zu kontrollieren.

  • Die Einstiegsrunde dauert acht Minuten (d.h. zwei Minuten Redezeit pro Sprecher oder Sprecherin).
  • Der Austausch der Argumente in der Debatte dauert 20 Minuten. Dabei beträgt die Redezeit für einen einzelnen Debattenbeitrag 30, 45 oder 60 Sekunden (vorher gemeinsam entscheiden).
  • Die Schlussrunde dauert sechs Minuten (d.h. 90 Sekunden Redezeit pro Sprecher oder Sprecherin).
  • Der Leiter oder die Leiterin der Debatte misst die Redezeit mit Handy (oder Stoppuhr) und kann kurz vor Ablauf der Redezeit ein Klingelzeichen oder einen Hinweis geben („Noch zehn Sekunden“). Wer die Redezeit überschreitet, darf den Satz zu Ende bringen und muss dann abbrechen.
  • Die Debattenleitung achtet auch auf einen respektvollen Umgang der Debattenteilnehmer mit einander. Das gilt auch für die Beobachter (keine Zwischenrufe, kein Beifall für einzelne Beiträge).
Beobachter

Die Schülerinnen und Schüler, die nicht als Sprecherinnen aktiv sind, werden auf drei Beobachtergruppen verteilt, die unterschiedliche Aufgaben erhalten. Eine Gruppe konzentriert sich auf die Pro-Gruppe, eine zweite auf die Kontra-Gruppe. Eine dritte Gruppe beobachtet den Verlauf der Debatte und stellt fest, welche Argumente sich durchsetzten.

Im Anschluss an die Debatte vergleichen die Gruppen ihre Notizen und Ergebnisse (10 Minuten) und bestimmen jeweils ein oder zwei Sprecher oder Sprecherinnen, die ihr Feedback vortragen.

  • Welche Argumente wurden angeführt?
  • Wie wurde argumentiert? Waren bestimmte Argumentationsfiguren, Strategien oder Taktiken (auch in Absprache eines Teams) zu erkennen?
  • Konnte jeder Sprecher/jede Sprecherin frei sprechen oder wurde jemand unterbrochen?
  • Welche Argumente überzeugten – und welche nicht? Aus welchen Gründen?
  • Haben beide Gruppen laufend neue Argumente vorgetragen oder Argumente wiederholt?
  • Welche Begriffe wurden häufig verwendet?
  • Wie haben die Sprecher ihre Argumente vorgetragen (Körpersprache, z.B. Mimik oder Gestik; Modulation der Stimme, z.B. variierende Lautstärke und Tonfall)?
  • Hat eine der beiden Gruppen die Debatte „gewonnen“?
Debattieren trainieren

Debattieren können ist eine wichtige Voraussetzung, um in einer Demokratie, in der ein Vielfalt an Meinungen und Interessen im Spiel ist (Pluralismus) teilhaben und mitentscheiden zu können. Debattieren können umfasst ein ganzes Bündel an Kompetenzen (z.B. klar denken, sich knapp und präzise ausdrücken, argumentieren, zuhören, frei reden), die trainiert werden müssen.

An zahlreichen Schulen und Universitäten bestehen sog. Debating Clubs, die sich im Internet finden lassen. Oft wird auf Englisch debattiert – ein Hinweis auf die lange Tradition der Debattenkultur in den angelsächsischen Ländern.