Sequenz 1: Konfliktmineralien in meinem Handy?

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Konfrontation mit dem Dilemma

Die folgende Übersicht unterstützt die Lehrperson bei der Planung und Durchführung der Sequenz.
Kompetenztraining benennt die Kompetenzen, welche die Lernenden in dieser Sequenz trainieren (Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenzen).
Das Erkenntnisziel beschreibt die inhaltlichkognitive Dimension des Lernertrags.
Aufgaben und Methoden dienen der Gestaltung des Lernprozesses.
Medien und Hilfsmittel bieten eine Checkliste für die technisch-organisatorische Vorbereitung.
Die Richtwerte zum Zeitbudget unterstützen das Zeitmanagement.
Erkenntnisziel
Kompetenztraining

Dilemma: Wir wollen auf ein Handy nicht verzichten, und durch den Kauf tragen wir vermutlich zum Problem der Konfliktmineralien bei.

Verantwortung übernehmen bedeutet, die Folgen von Entscheidungen und Handlungen zu berücksichtigen.
Wir können nicht abschätzen, welche Folgen unsere Kaufentscheidungen in global vernetzten Lieferketten auslösen.

Die Lernenden können
– die Informationen eines Videos beurteilen;
– Fragestellungen zur Erschließung eines komplexen Gegenstands entwickeln;
– Schritte in ihrem Arbeits- und Lernprozess planen.

Aufgaben Die Lernenden
– legen dar, welche Bedeutung ein Smartphone für sie hat;
– werten ein Video aus und entwickeln Fragestellungen;
– planen die Einheit gemeinsam mit der Lehrperson.
Medien und Hilfsmittel Jan Künzl: YouTube-Film: WissensWerte – „Smartphones und Nachhaltigkeit“ (2013) und Handout 2.1 (Klassensatz)
Methoden Positionsspiel, Partnerarbeit, Diskussion, Planungsgespräch
Zeitbudget (Min. ca.) 1. Einstieg: Positionsspiel (5 Min)
2. Konfrontation mit dem Dilemma (Impulsvideo und Auswertung). (20 Min)
3. Diskussion (10 Min)
4. Planungsgespräch (10 Min)

Vorbemerkung

Eine Einheit benötigt einen Einstieg in der ersten Sequenz – im Gegensatz zu den nachfolgenden Sequenzen, wenn diese sich an den Fragestellungen orientieren, die von den Lernenden entwickelt werden. Der Einstieg in der ersten Sequenz hat die Funktion, die Lernenden mit dem Problem zu konfrontieren, das sie im Folgenden bearbeiten werden. Dies sollte auf eine Weise geschehen, dass möglichst schnell alle Lernenden einbezogen werden.

Verlauf der Sequenz

1. Einstieg

Die Lehrperson fordert die Lernenden auf, in einem Positionsspiel Stellung zu beziehen. Die Klasse kommt an die Tafel, und die Lehrperson bestimmt die „Ja“- und „Nein“-Position am Fenster bzw. an der gegenüberliegenden Wand. Sie verliest die folgenden Aussagen:

  • Ich nutze kein anderes Medium mehr als mein Handy.
  • Ich kann mir nicht vorstellen, auf ein Handy zu verzichten.
  • Ich brauche mein Handy für meine Kommunikation.
  • Ich brauche mein Handy, um mich zu informieren.

Nach der jeder Aussage beziehen die Schülerinnen und Schüler die Position, die ihre Zustimmung oder ihren Widerspruch jeweils zum Ausdruck bringt.

Die Ergebnisse der JIM-Studie (2020) lassen hohe Zustimmungswerte erwarten. Den Lernenden dürfte die zentrale Bedeutung des Handys für ihren Alltag offensichtlich sein, so dass es sie irritieren mag, im Positionsspiel nach dem Selbstverständlichen zu fragen. Nachdem die Lernenden sich zu einer Aussage positioniert haben, bittet die Lehrperson einige Lernende, ihre Gründe nach ihrer Positionierung zu beschreiben. Die Beiträge der Lernenden werden nicht kommentiert.

2. Konfrontation mit dem Dilemma – Planungsgespräch

Die Lehrperson zieht ein Fazit aus dem Positionsspiel und fordert die Lernenden auf, wieder Platz zu nehmen. Sie erklärt den Lernenden, dass das Handy, das für ihren Alltag so wichtig ist, zum Thema in dieser Einheit gemacht werden soll. Die Lernenden sehen den Videoclip „Smartphones und Nachhaltigkeit“18. Das Handout 2.1 erleichtert es ihnen, sich knappe Notizen zu machen, die sie in der anschließenden Auswertung verwenden können.

Der Videoclip (Dauer 5:36 Minuten) aus der Reihe „WissensWerte“ thematisiert die Verletzung der Nachhaltigkeitsziele (Wohlstand, Verteilungsgerechtigkeit, Umweltschutz) bei der Produktion von Mobiltelefonen auf dem Stand des Jahres 2012. Das Video legt die Schlussfolgerung nahe, dass die Lernenden durch ihre Nachfrage nach Smartphones dazu beitragen, die menschenrechtswidrigen und umweltschädlichen Praktiken in der global vernetzten Lieferkette von Smartphones aufrecht zu erhalten.

Die Lernenden rekapitulieren den Inhalt des Videos mit Hilfe ihrer Notizen und Einträge in Handout 2.1. Es ist möglich, dass ein Schüler oder eine Schülerin den Impuls zur Dilemmadiskussion gibt. Sonst kann die Lehrperson den Anstoß geben, z.B.: „Aus dem Video geht also hervor, dass in unseren Handys Konfliktmineralien stecken.“ Sie kann den Impuls verstärken: „Wenn wir ein Handy kaufen, tragen wir indirekt zur Finanzierung bewaffneter Gruppen in der Demokratischen Republik Kongo bei.“

Diese These dürfte die Lernenden zum Widerspruch herausfordern:

  • Das Video stammt von 2012. Die Situation kann sich seitdem verändert haben – auch zum Besseren. Es können Gesetze in Kraft getreten sein, die Unternehmen verpflichten ihre Lieferketten zu kontrollieren, oder Unternehmen tun dies freiwillig.
  • Wenn wir ein neues Handy kaufen, ist es für uns als Einzelperson schlicht unmöglich, die Lieferkette zu kontrollieren.
  • Auch wenn sich nichts zum Besseren entwickelt haben sollte seit 2012 – Ich kann auf mein Handy nicht verzichten.

Die Lehrperson – oder ein Schüler bzw. eine Schülerin – schlägt vor, zunächst den ersten Einwand zu überprüfen. Erst wenn dieser auch heute – zum Zeitpunkt des Unterrichts – fortbesteht, müsste sich die Klasse mit sich abzeichnenden Dilemma und den weiteren Punkten befassen. Die Klasse und die Lehrperson entscheiden, dass die Lehrperson in der folgenden Sequenz einen knappen Input liefert, den die Klasse auswertet.

Die Lehrperson verzichtet darauf, bereits zu diesem Zeitpunkt auch die dritte und vierte Sequenz mit den Lernenden zu planen, sondern belässt ihnen den Freiraum, sich ungehindert ihr Sachurteil zu den Aussagen des Videos zu bilden. Damit trägt sie dem Überwältigungsverbot des Beutelsbacher Konsens Rechnung.

Das Basiskonzept „Verantwortung“

Wenn die Lernenden sich einig sind, der Lieferkette für Smartphones auf den Grund zu gehen, fordert die Lehrperson die Lernenden auf zu begründen, weshalb sie diese Frage für wichtig halten. Die Lernenden könnten sinngemäß antworten, dass sie nach einer Lösung für das Dilemma suchen, auf das sie durch das Video aufmerksam wurden. Die Lehrperson führt das Basiskonzept der Verantwortung ein, das von uns verlangt, dass wir bei unseren Handlungen und Entscheidungen die Folgen berücksichtigen sollten. Die Lernenden dürften einwenden, dass wir als Käufer und Verbraucher von Produkten, die aus global vernetzten Lieferketten hervorgehen, überfordert sind, Verantwortung zu übernehmen. Das gilt nicht nur für Handys, sondern für zahlreiche weitere Produkte, etwa Lebensmittel oder Kleidungsstücke.

Die Lehrperson erklärt. dass die Untersuchung der aktuellen Lieferketten von Handys exemplarisch deutlich machen kann, welche Möglichkeiten wir als einzelne Bürgerinnen und Bürger haben, auf global vernetzte Lieferketten Einfluss zu nehmen und auf diese Weise Verantwortung für unsere Konsumentscheidung zu nehmen.

18. https://www.youtube.com Im Suchfenster „WissensWerte: Smartphones und Nachhaltigkeit“ eingeben (Abruf am 28.08.2021).