5.5 Debatte: Was ist gerecht?

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Ziele

Kompetenzziele: Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, Argumentieren, Debattieren.

Erkenntnisziel: Menschenrechte gehen mit Pflichten und Verantwortung einher. Einschränkungen einzelner Menschenrechte sind daher notwendig, müssen jedoch sorgfältig aus unterschiedlichen Perspektiven – des Einzelnen und der Gesellschaft – abgewogen und begründet werden.

Material Kopiervorlage, unterteilt in vier Handouts.

Verfahren

    1. Die Klasse entscheidet, mit welchem Menschen- bzw. Kinderrecht sie sich näher befassen will: Die Meinungsfreiheit (Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948) oder den Schutz des Kindes vor wirtschaftlicher Ausbeutung (Art. 32 der Kinderrechtskonvention vom 20.11.1989).
    2. Die Lehrperson informiert die Klasse über die bevorstehende Debatte (Rollenverteilung, Vorbereitung und Durchführung bis einschl. Schritt 3). Die Lernenden bilden Gruppen, soweit möglich mit gerader Mitgliederzahl (vier oder sechs).
      Je eine Hälfte jeder Gruppe erhält das Handout „Perspektive A“ bzw. „Perspektive B“ zum gewählten Menschen- oder Kinderrecht.
      Jede Teilgruppe bereitet sich auf ihre Rolle in der Debatte vor. Sie wird zur Einschränkung der Meinungsfreiheit bzw. zum Verbot der Kinderarbeit aus der Perspektive A oder B, d.h. befürwortend oder kritisch argumentieren. Die Handouts geben einige Hinweise und Anregungen, und die Gruppen suchen nach weiteren Argumenten. Sie verteilen Sprecherrollen für die Debatte, d.h. sie entscheiden, wer wann das Wort ergreift und welche These er oder sie vortragen wird.
    3. Die Gruppen kommen wieder zusammen und setzen sich an einem Tisch gegenüber.
      Die Debatte verläuft nach folgendem Muster:

      • Jedes Debattenteam trägt der anderen Seite ihre Grundposition vor (3 – 4 Min.).
      • Die beiden Teams tragen einander abwechselnd ihre Argumente vor. Sie können zusätzlich auf die Argumente der Gegenseite antworten. (Redezeit jeweils 1 – 2 Min.).
      • Daran kann sich eine weitere Phase anschließen, in der die Teams sich gegenseitig kritisch befragen.
    4. Die Debattenteams A und B tauschen ihre Rollen. Die Lernenden dürfen nicht im Voraus über diesen Teil des Debattentrainings informiert werden.
      Sie durchdenken das Recht der Meinungsfreiheit bzw. des Kinderrechts aus der Perspektive, die sie neu eingenommen haben (entspricht Schritt 2). Es ist möglich, auch die Debatte ein zweites Mal zu führen (vgl. Schritt 3).
    5. Nun versuchen die Gruppen, einen Konsens über das von ihnen behandelte Mensch- bzw. Kinderreicht zu erarbeiten, und halten ihre gemeinsame Position schriftlich fest.
      Die Lernenden präsentieren und vergleichen ihre Ergebnisse im Plenum.
    6. Auswertung im Plenum, z.B. unter folgenden Fragen:
      • Wie wirkte sich Perspektivwechsel nach der (ersten) Debattenrunde aus?
      • Wie ist es euch gelungen, eine gemeinsame Position zu finden?

Erweiterung

  • Wie lässt sich eine Balance zwischen Rechten und Pflichten erreichen?
  • Welche Einschränkungen eines Menschenrechts lassen sich rechtfertigen?
  • Fallstudien und Recherchen zu aktuellen Fällen, die diese Rechte betreffen. Auch weitere Rechte können einbezogen werden, z.B. Freizügigkeit und Schutz des Privateigentums.

Hinweis

Band IV enthält eine Einheit zum Debattentraining für die Sekundarstufe II. https://www.living-democracy.com/de/textbooks/volume-4/part-3/unit-8/

Handouts

Perspektive A: Das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung

In einer fairen Gesellschaft ist die freie Meinungsäußerung ein fundamentales Menschenrecht, das nicht eingeschränkt werden darf. Prüft dazu die folgenden Punkte:

  • die negativen Auswirkungen der Zensur;
  • die politischen Folgen der Einschränkung der Meinungsfreiheit;
  • die Situation in Ländern, in denen die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist;
  • die Bedeutung der freien Meinungsäußerung für Demokratien;
  • Weitere gravierende Probleme.

Perspektive A: Kinderarbeit

Gesetze gegen Kinderarbeit müssen strikt eingehalten werden, damit das Recht der Kinder auf Spiel, Bildung und gesunde Entwicklung geschützt wird. Prüft dazu die folgenden Punkte4:

  • Kindern, die zur Arbeit gezwungen werden, verlieren den Zugang zu Bildung.
  • Kinderarbeit schadet häufig der Gesundheit der Kinder.
  • Kinder können sich nicht organisieren, um sich gegen ihre Ausbeutung zu wehren.
  • Weitere gravierende Probleme

Perspektive B: Das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung

In einer gerechten Gesellschaft ist es manchmal notwendig, die Meinungsfreiheit der Einzelnen einzuschränken, um die Rechte aller Menschen zu schützen. Prüft dazu die folgenden Argumente:

  • Rassistische Bemerkungen haben Folgen für Minderheiten.
  • Die Redefreiheit kann dazu dienen, zur Gewalt gegen Menschen aufzurufen.
  • In Ländern, in denen das Recht auf keiner Meinungsäußerung in keinerlei Weise beschränkt wird, können die Rechte von Menschen verletzt werden
  • Es ist notwendig, nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten einzufordern.
  • Weitere gravierende Probleme

Perspektive B: Kinderarbeit

Kinderarbeit sollte zulässig sein, damit Familien unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen überleben können. Die Teilhabe an der Erwerbstätigkeit gibt außerdem Kindern die Chance, eine aktive Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. Prüft dazu die folgenden Argumente:

  • In Gesellschaften, in denen es kaum bezahlte Arbeit gibt, versorgen Kinder mit ihren Einkommen manchmal die ganze Familie.
  • In manchen Gesellschaften besteht die Tradition, dass Kinder mehr arbeiten als Erwachsene.
  • Die Idee, Kinder von produktiver Erwerbsarbeit fernzuhalten schadet den Kindern, da sie aus der Welt der Erwachsenen ausgeschlossen werden.
  • Die Erwerbsarbeit kann eine prägende Erfahrung für Kinder sein.
  • Weitere gravierende Probleme.