Sequenz 1: Wie Andere einen Menschen wahrnehmen

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Ein Mensch hat viel mehr Eigenschaften, was eine Person ausmacht, als man denkt.

Ziel Die Lernenden machen die Erfahrung, wie komplex Perspektiven auf einen Menschen sind. Sie wählen ihre Perspektive.
Aufgaben Die Lernenden erhalten spezifische Rollen zugewiesen und bilden sich ihre Meinung. Sie lernen, die Perspektive zu wechseln.
Medien und Hilfsmittel Rollenbeschreibungen im Handout 1.1 (drei Versionen), Flipcharts, Marker.
Methoden Rollenspiel, Gruppenarbeit.

 

Verlauf der Sequenz

Die Lernenden bilden drei Gruppen. Zur Durchführung des Rollenspiels erhält jede Gruppe erhält eine eigene Version des Handout 1.1, ein Flipchartbogen und einen Filzstift. (In großen Klassen können mehr Gruppen gebildet werden und die Lehrperson liefert mehr Szenen für das Rollenspiel. Oder aber die gleiche Rolle wird von mehreren Gruppen gespielt. Diese Variante ist insofern reizvoll, da sich zeigen dürfte, wie verschieden ein Text verstanden werden kann.) Die Lehrperson erzählt dann die Geschichte des Jungen, der umgezogen ist und gerade seine neue Umgebung erkundet. Sie erzählt der Klasse, dass der Junge ein Tagebuch führt, liest dieses aber nicht vor, weil jede Gruppe nur einen Teil des Textes erhält.

Information für Lehrpersonen

Der Text der Geschichte (Tagebuch des Jungen, der umgezogen ist) lautet wie folgt:

Es ist der erste Tag in meiner neuen Klasse. Meine Familie ist aus einer anderen Gegend hierhergezogen und ich fühle mich immer noch wie ein Fremder. Liebes Tagebuch, mir ist viel passiert in den letzten Tagen. Ich werde dir davon erzählen.

Wir leben jetzt in einer Wohnung in der Nähe des Flusses. Ein Junge aus meiner Klasse wohnt nur ein paar Häuser weiter. Er kam schon am dritten Tag zu mir und fragte mich, ob ich mit ihm angeln gehen wollte. Ich habe nein gesagt, weil meine Angelrute noch immer in einer Kiste verpackt ist.

Vor unserer Schule gibt es einen großen Fußballplatz. Das hat mich sehr gefreut, weil ich gerne Fußball spiele. Also nahm ich meinen Ball mit und wollte anfangen zu trainieren. Ich hatte gerade ein oder zwei Tore geschossen, als der Hausmeister der Schule mich unterbrach. Er war wütend und fragte mich, ob ich nicht lesen könne. Ich hatte das Schild nicht gesehen, auf dem es hieß, dass der Fußballplatz geschlossen war, weil es geregnet hatte. Ich war so schockiert, dass ich ohne ein Wort zu sagen nach Hause ging.

Ein alter Mann wohnt allein in der Wohnung über uns. Als ich gestern nach Hause kam, traf ich ihn vor der Tür mit seinem Einkauf. Er trug eine Tasche voller Lebensmittel und atmete schwer. Er tat mir leid und ich fragte ihn, ob ich ihm helfen könne und trug die Tasche bis vor seine Tür.

Die drei Versionen des Handouts für die Gruppen geben verschiedene Teile des Tagebuchs wieder. Die Wahrnehmung der Gruppen wird sich unterscheiden je dem, welche Information diese erhalten haben. Jede Gruppe sieht also nur einen Teil der Identität des Jungen und drückt die entsprechenden Beobachtungen im Rollenspiel aus.

Die Aufträge sind für alle drei Gruppen gleich, jedoch unterscheidet sich ihre Perspektive auf den Jungen Max. Entsprechend dem ersten Auftrag sammeln Gruppen im Brainstorming Adjektive, die ihre Perspektive auf Max widerspiegeln. Die Lernenden ordnen diese Eigenschaftsbeschreibungen und ein Mitglied jeder Gruppe sammelt die Ergebnisse auf einem Flipchart für die Präsentation in der darauffolgenden Sequenz.

Jetzt entscheidet jede Gruppe, wie sie in einem kurzen Rollenspiel ihre Interpretation am besten wiedergeben könnte. Diese Rollenspiele sollten zuerst in der Klasse erklärt und diskutiert und erst dann geprobt werden. Die Proben können in den verschiedenen Ecken des Klassenzimmers oder an anderen geeigneten Orten im Schulhaus stattfinden. Auch wenn das Einstudieren eines Rollenspiels am Anfang Zeit beansprucht, lohnt sich der Aufwand. Viele Lernende werden durch das Rollenspiel etwas einfach und klare Art darzustellen, was sie in Worten nur schwer ausdrücken könnten.

Die Lernenden haben das Ziel dieser Sequenz erreicht, wenn sie auf einem Poster eine Liste der Adjektive erstellt und ihre Rollenspiele geprobt haben.

Am Schluss der Sequenz kommen die Gruppen im Plenum zusammen. Die Lehrperson sammelt die Poster ein, um sie zu Beginn der nächsten Sequenz wieder an die Gruppen zu verteilen. In einer kurzen Nachbesprechung gibt die Lehrperson ein konstruktives Feedback und schließt mit einem Ausblick auf das Thema der folgenden Sequenz.