Einheit 3: Gleichberechtigung – Minderheiten und Mehrheiten

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Einheit 3: Basiskonzept „Gleichberechtigung“ (Primarstufe)

Einführung für Lehrpersonen: Wie Primarkinder in ihrer Alltagserfahrung für Minderheiten und Mehrheiten sensibilisiert werden können

„Alle anders – alle gleich“: Diesen Slogan kennen viele in Europa, zumindest dem Sinn nach. Er fasst einen der Grundwerte von EDC/HRE in eine knappe Formel, der etwas ausführlicher auch so formuliert werden könnte: „Mit manchen Menschen habe ich vieles gemeinsam, mit anderen sehr wenig. Obschon ich bestimmte Merkmale mit ihnen gemeinsam habe, unterscheide ich mich in anderen von ihnen. Gewisse Persönlichkeitsmerkmale teile ich mit einer Mehrheit, andere mit einer Minderheit“. Wenn auf Kinder in der Primarstufe für Minderheiten und Mehrheiten sensibilisiert werden sollen, müssen auch die Begriffe selbst geklärt werden. Unter einer Minderheit versteht man gemeinhin eine Gruppe in einem Land, die sich durch persönliche oder kulturelle Merkmale von der Mehrheit in der Gesellschaft unterscheidet. In manchen Fällen lebt eine Minderheit als eine demografisch abgrenzbare Gruppe in einem bestimmten Gebiet, sie kann sich aber auch über das ganze Land verteilen oder sogar über dessen Grenzen hinaus zerstreut sein. Minderheiten heben sich durch ihre sprachliche, ethnische oder religiöse Zugehörigkeit von der Bevölkerungsmehrheit ab, und/oder durch ihre moralischen Vorstellungen, ihre sexuelle Identität oder soziale Herkunft.

Der Begriff „Minderheit“ bezeichnet im Allgemeinen eine Gruppe in der Gesellschaft, die von einer größeren Gruppe dominiert wird, sich aber nicht assimiliert. Er bezeichnet deshalb in der Regel ethnische oder nationale Minderheiten.

Der Europarat, die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen haben international verbindliche Verträge und Konventionen zum Schutz der Rechte von Minderheiten hervorgebracht. Diese Rechten werden teils mehr, teils weniger respektiert. Der Europarat verfügt über zwei verbindliche Instrumente: das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten (SEV Nr. 157, 1995) und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (SEV Nr. 148, 1995).

1992 nahm die Generalversammlung der Vereinten Nationen auch die Erklärung über die Rechte von Personen, die nationalen, ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, an. 1988 wurde in Tokio die Internationale Bewegung gegen alle Formen der Diskriminierung und des Rassismus (IMADR) gegründet, um auf Probleme des Rassismus und der Diskriminierung gegenüber Minderheiten aufmerksam zu machen . Die IMADR engagiert sich für die Rechte unterprivilegierter Gruppen.

Der Begriff der Minderheit bezieht sich häufig auf eine Gruppe von Menschen, die folgende Merkmale aufweist:

  • Geringer Anteil an der Bevölkerung als die Mehrheit;
  • geringere Einflusschancen in Staat und Gesellschaft als die Mehrheit;
  • ethnische, religiöse, sprachliche oder anderer Gemeinsamkeiten innerhalb der Minderheit.
  • Die Selbstwahrnehmung als Minderheit stiftet ein Solidaritäts- oder Identitätsgefühl unter den Mitgliedern.

Minderheiten lassen sich nur schwer Kategorien zuzuordnen. Die folgende Kategorien werden am häufigsten verwendet:

  • Nationale oder ethnische Minderheit: Bevölkerungsgruppe, die auf dem Territorium eines Staates lebt, der von einer anderen Bevölkerungsgruppe dominiert wird.
  • Sprachliche Minderheit: Bevölkerungsgruppe, die eine andere Sprache spricht als die Bevölkerungsmehrheit des Landes.
  • Religiöse Minderheit: Bevölkerungsgruppe, die einer anderen Konfession angehört als die Mehrheit der Landesbevölkerung (z.B. Protestanten in Irland, Christen in Saudi-Arabien, Muslime in Dänemark oder Deutschland).
  • Sexuelle Minderheit.
  • Minderheit alter Menschen.
  • Minderheit junger Menschen.

Wenn in der Primarschule die Begriffe der Mehrheit und Minderheit verwendet werden, kommt es entscheidend darauf an, sie den Kindern mit den hier genannten Merkmalen verständlich zu machen. Erst dann der soziale Status einer Minderheit oder Mehrheit analysiert werden. Das Minderheitenkonzept ist Kindern in ihrer Lebenserfahrung keineswegs unbekannt. In der Primarschule machen Kinder häufig die Erfahrung, dass sie einer Minderheit „angehören“ oder „nicht angehören“.

In dieser Einheit bezieht sich der Begriff der Minderheit auf die Gesamtheit der Schülerinnen und Schüler an der Schule. Die folgenden Sequenzen (1 – 3) setzen daher an der Alltagsperspektive der Kinder an und thematisieren ihre Erfahrungen mit Minderheiten und Mehrheiten. Die Sequenz Nr. 4 richtet den Blick auf Mehrheiten und Minderheiten in der Gesellschaft und ordnet ihnen einzelne Gruppen zu. Vom Diskussions-, Motivations- und Leistungsniveau der Klasse wird es abhängen, inwieweit der Status der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen analysiert werden kann. Nicht alle Minderheiten sind unterprivilegiert. Es gibt in unserer Gesellschaft kleine Gruppen, die aus spezifischen Gründen sehr mächtig sind. Die Lehrperson hat die Aufgabe, den Diskussionsprozess zu steuern. Mit der ungleichen Verteilung von Macht nehmen die Lernenden eine Dimension sozialer Ungleichheit in den Blick.

Demokratie- und Menschenrechtsbildung hat die Aufgabe, die Entwicklung von Kompetenzen in drei Bereichen zu fördern. Die vorliegende Einheit hat das folgende Kompetenzprofil:

Kompetenzdimension …

… Politische Analyse- und Urteilskompetenzen … Methodenkompetenzen … Politische Entscheidungs- und Handlungskompetenzen
*** ** **

 

Hilfe aus dem Methodenkoffer
In dieser Einheit werden folgende Methodenkompetenzen aus dem Schüler-Methodenkoffer trainiert. Die Lehrperson entscheidet, ob alle oder einige Kinder zu diesem Kompetenztraining zusätzliche Hilfe benötigen.
0 In Bibliotheken recherchieren
0 Im Internet recherchieren
X Interviews und Umfragen durchführen
0 Bilder interpretieren
0 Mindmaps erstellen
0 Plakate gestalten
0 Ausstellungen planen
X Präsentationen vorbereiten und halten
0 Präsentationen mit Overhead-Folien oder PowerPoint vorbereiten
0 Zeitungsartikel verfassen
X Aufführungen
0 Debattieren und Diskutieren

 

Einheit 3: Gleichberechtigung

Minderheiten und Mehrheiten

Wie Primarkinder in ihrem täglichen Leben für Mehrheiten und Minderheiten Wie Primarkinder in ihrer Alltagserfahrung für Minderheiten und Mehrheiten sensibilisiert werden können

Thema Ziele Aufgaben Medien und Hilfsmittel Methoden

Sequenz 1

Alle anders – alle gleich

 

Die Kinder lernen, einander als Teil einer Gruppe wahrzunehmen und zu akzeptieren. Sie entdecken Gemeinsamkeiten, derer sie sich zuvor nicht bewusst waren. Sie werden auf Einstellungen und Verhaltensweisen aufmerksam, mit denen sie auf Unterschiede zu anderen Kindern reagieren. Den Kindern werden der Reihe nach verschiedene Merkmale genannt. Sie müssen entscheiden, ob jedes dieser Merkmale auf sie zutrifft oder nicht. Sie stellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Klasse fest. Im Klassengespräch reflektieren sie ihre Erfahrung. Ein Stück Kreide oder Schnur, um auf dem Boden eine Linie zu ziehen Gruppenarbeit, Klassengespräch.

Sequenz 2

Ist das gerecht? (Datenerhebung)

Den Kindern wird durch das Beobachten von Mitschülerinnen und Mitschülern während der Pause die Situation in ihrer Schule bewusst. Die Lernenden erheben auf dem Schulhof Primärdaten: Sie ermitteln wie viele Kinder jeweils an welcher Aktivität teilnehmen und führen Strichlisten. Sie notieren ihre Ergebnisse und befragen anschließend die Kinder, die sich an keiner Aktivität beteiligen. Ein Klassensetz des Beobachtungsbogens, Stifte. Vierergruppen.

Sequenz 3

Ist das gerecht? (Analyse und Interpretation)

Die Kinder können ihre Daten strukturieren, interpretieren und präsentieren. Sie können aus ihren Daten Schlussfolgerungen ziehen In Bezug auf die Mehrheiten und Minderheiten an ihrer Schule. Die Kinder analysieren und interpretieren die Ergebnisse ihrer Befragung und Beobachtungen. Sie gestalten ein Poster und präsentieren ihre Ergebnisse vor der Klasse. Die in Sequenz 2 gesammelten Daten, ein Klassensatz des Datenblatts, Flipchartbögen und Flipchartstifte, Klebstifte. Arbeit in Vierergruppen, Präsentation.

Sequenz 4

Die ungleiche Verteilung von Macht

In einer Plenumsdiskussion wird den Kindern klar, dass es in ihrem Land verschiedene Minderheiten und Mehrheiten gibt. Sie begreifen, dass einem nicht nur Mitglieder anderer gesellschaftlicher Gruppen das Gefühl von Ausgrenzung vermitteln können, sondern auch die Mitglieder der eigenen Gruppe. Die Kinder erhalten einige Karten mit den Bezeichnungen unterschiedlicher Gruppen in der Gesellschaft, die zur Reflexion ihrer Wahrnehmung dieser Gruppen anregen. In einem ersten Schritt ordnen sie die Karten nach ihrer vermuteten Zugehörigkeit zu einer Minderheit oder Mehrheit. In einem zweiten Schritt ordnen sie die Karten in ein Raster ein, das die Gruppen nach ihrer Macht unterscheidet. Die Klasse diskutiert die Frage, wie sich die ungleiche Verteilung von Macht auf Mehrheits- und Minderheitengruppen in der Gesellschaft auswirken kann. Begriffskarten, Machtkarten. Diskussion in der Klasse.