Material für Lehrpersonen 5.1: Die vier politischen Grundorientierungen

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Die Eigentums- und Herrschaftsfrage

Eigentum / Herrschaft Grundfrage: Wer soll in der Gesellschaft der Fischer entscheiden und diese Entscheidungen umsetzen?
Grundfrage: Wer soll die Fischgründe besitzen und über den Fangertrag verfügen? Der Staat
(Gewaltenmonopol;
Hierarchie)
Vertrag
(Selbststeuerung; “gleiche
Augenhöhe”)
Einzelne Fischer oder Unternehmer
(Prinzip des Privateigentums)
Position 1 Position 2
Alle Fischer gemeinsam (Prinzip des Gemeineigentums) Position 3 Position 4

(nach Ziefle 2000:406)

In der ersten Sequenz bilden die Lernenden Arbeitsgruppen, die sich durch ihre Antworten auf die zwei Grundfragen nach der Herrschaftsund Eigentumsform zusammenfinden. Die vier Positionen lassen sich einordnen im „Kompass der vier politischen Grundorientierungen“ (vgl. Petrik 2013:197).

Kompass der vier politischen Grundorientierungen

Der Kompass bildet die zwei grundlegenden Konfliktlinien moderner Gesellschaften ab: die gesellschaftspolitische bzw. Governance-Konfliktlinie und die wirtschafts- oder verteilungspolitische Konfliktlinie. Die vier Grundpositionen aus der Matrix nach Ziefle kombinieren jeweils zwei Orientierungen entlang dieser Konfliktlinien; sie entsprechen den vier politischen Grundorientierungen libertär, konservativ, sozialistisch und liberal.

Petrik (2013:159) entwirft einen Katalog von zehn „soziopolitischen Grundfragen und Elementarkonflikten“, die jede Gesellschaft beantworten muss. Dazu gehören die Herrschafts-, Eigentums-, Sank-tions- und Ökologiefrage, die auch im Fokus der Institutionenkonstruktion für die Fischergemeinde stehen.

Es gehört fraglos zur den wichtigsten Bildungszielen für künftige Bürgerinnen und Bürger in einer demokratisch verfassten Gesellschaft, diese Grundfragen zu kennen und zu ihnen Stellung zu beziehen. Dabei nehmen die Lernenden probeweise auch politische Positionen im Spannungsfeld der Konfliktlinien ein, bilden also „Parteien“.

Die Einheit 5 bietet einen Zugang zum Kompass der politischen Grundorientierungen, indem die Lernenden mit zwei hier bedeutsamen Grundfragen konfrontiert werden (vgl. die obere Matrix). Bisherige Unterrichtserfahrung hat gezeigt, dass manche Gruppen die Komplexität reduzieren, indem sie sich an einer Frage „festbeißen“, z.B. an der Frage, wie Gesetze beschlossen und der Gesetzesgehorsam erzwungen werden kann. Aus konstruktivistischer Perspektive agieren die Lernenden als ihre eigenen Didaktiker. Induktive Zugänge erleichtern ihnen das Verständnis des komplexen „Kompass“-Modells. Dabei nehmen sie eine politische Grundposition ein und die Instruktion liefert „nur“ den Begriff.