7.1 Die Mängel der herkömmlichen Institutionenkunde

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Der herkömmliche Politik- oder Sozialkundeunterricht war (bzw. ist) darauf ausgerichtet, Fakten und Informationen zur Verfassungs- und Rechtsordnung des Staates vermitteln. Diese Inhalte sind vergleichsweise zeitlos und für Wissensabfragen bestens geeignet, und die Unterrichtsplanung ist zeitsparend, da kaum Neuerungen notwendig sind. Insofern ist es verständlich, dass die Institutionenkunde bei Lehrpersonen beliebt war und teilweise es heute noch ist.

Aus der Sicht der Lernenden besteht kaum ein Unterschied, ob sie Fakten über das Parlament auswendig lernen oder die Namen verschiedener Süßwasserfische büffeln sollen: beides „lernt“ man für die Prüfung und hat den Stoff am folgenden Tag bereits wieder vergessen, wenn die nächste Prüfung ansteht (kontextfreies „Papageienwissen“). Die traditionelle Institutionenkunde gibt keine Antwort auf die Frage, warum und wozu die Schülerinnen und Schüler Kenntnisse über den Staat benöti-gen, d.h. dieser didaktische Ansatz trägt kaum etwas bei zur Bildung mündiger Bürger in demokratischen, den Menschenrechten verpflichteten Gemeinwesen39.

39. Institutionenkunde vermittelt ein eindimensionales Bild des Politischen, das politische Probleme und Prozesse ausblendet. Siehe dazu die Abschnitte zum Politikbegriff (Teil 1, Einheit 1, Abschnitt 1) und zur Politikdidaktik (Teil 2, Einheit 3).