Sequenz 2: Menschenrechtsverletzungen erkennen

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Welches Menschenrecht wird hier verletzt?

Ziele

Die Lernenden können Menschenrechtsverletzungen erkennen.

Die Lernenden erkennen, dass es für den Einzelfall einer Menschenrechtsverletzung unterschiedliche Lesarten geben kann.

Aufgaben Die Lernenden analysieren Fallbeispiele und bestimmen die Menschenrechte, die im Einzelfall verletzt oder missachtet wurden.
Medien und Hilfsmittel

Handout 5.2 „Menschenrechte“ (Klassensatz)

Handout 5.3 „Verletzung der Menschenrechte“ (Klassensatz)

Handout 5.3 mit Lösungen (für Lehrpersonen)

Methoden Partnerarbeit, Plenumsdiskussion.

Menschenrechtsverletzungen

Übertretungen und Verletzungen der Menschenrechte sind weltweit an der Tagesordnung. Durch die Analyse von realen Fällen aus Vergangenheit und Gegenwart erhalten die Lernenden ein klareres Bild, worum es bei den Menschenrechten geht.

Verlauf der Sequenz

Der Einstieg in die Sequenz wird mit den Beiträgen der Lernenden gestaltet. Die Klasse resümiert die Ergebnisse zur Aufgabe 1 und 2 auf dem Flipchart, und die Lernenden tragen ihre Ideen vor, die sie als Hausaufgabe entwickelt haben, und vergleichen sie.

Anschließend erhalten die Lernenden die Handouts 5.2 und 5.3. In arbeitsteiliger Partnerarbeit analysieren sie je ca. vier der im Handout 5.3 beschriebenen Fälle von Menschenrechtsverletzungen. Dabei vergibt die Lehrperson den gleichen Teilauftrag an je zwei Tandems, um einen Vergleich und ggf. eine Korrektur der Lösungen zu ermöglichen.

In Partnerarbeit analysieren die Fallbeispiele zur Verletzung von Menschrechten. Sie bestimmen mit Hilfe des Handouts 5.2 das Menschenrecht, das im Einzelfall Fall verletzt oder missachtet wurde; im Fall a) z.B. durfte eine Frau nur heiraten, wenn ihr Bruder einverstanden war. Damit wurde ihr das Menschenrecht zu heiraten vorenthalten (Handout 5.2 Ziff. 10; vgl. die Übersicht der Lösung am Ende der Beschreibung dieser Sequenz). Die Lernenden tragen die Ziffer 10 in Zeile a) ihrer Handouts ein.

In Anschluss an die Partnerarbeitsphase stellen die Lernenden ihre Ergebnisse im Plenum vor und vergleichen sie. Abweichende Ergebnisse können zu einer Diskussion führen. Die Lehrperson moderiert die Diskussion und kann mit Impulsen wie den folgenden arbeiten:

  • Wie seid ihr zu diesem Schluss gekommen?
  • Was meint Ihr zum Ergebnis der andern Gruppe(n)?
  • Begründet bitte, weshalb Ihr bei Eurem Ergebnis bleibt / euch der Meinung der anderen Gruppe(n) anschließt.

Eine derartige Diskussion bietet Lernchancen. Die Lernenden befassen sich intensiver mit einzelnen Fallbeispielen und der Auslegung der Menschenrechte. Sie erkennen, dass es mehrere Lesarten des Einzelfalls bzw. der Menschenrechte geben kann, nicht aber nur eine korrekte Lösung (die stets die Lehrperson kennt).

Vertiefung

Falls die verfügbare Zeit es ermöglicht, können die Lernenden jene Fälle hervorheben, die sie besonders berühren. Die Lehrperson moderiert das Klassengespräch und kann mit Impulsen wie den folgenden arbeiten:

  • Versuche zu erklären, weshalb du diesen Fall hervorhebst.
  • Wie würdest du dich fühlen, wenn das dir passieren würde?
  • Wie würdest du reagieren?
  • Welche Reaktion erhoffst Du von anderen Menschen?

Mit derartigen Impulsen macht die Lehrperson die Lernenden darauf aufmerksam, dass Menschen Verantwortung übernehmen müssen, um die Menschenrechte anderer Menschen zu verteidigen.

Handout 5.3 – Verletzung der Menschenrechte

Lösungen für die Lehrperson

Fallbespiele: Verletzung und Missachtung der Menschenrechte Betroffenes Menschenrecht
a. Frau X, die vor einigen Jahren bei einem Verkehrsunfall ihre Tochter und ihren Mann verlor, konnte ohne die ausdrückliche Zustimmung ihres Schwagers keinen anderen Mann heiraten. 10
b. Um die Gefangenen zu ängstigen und einzuschüchtern, drohten die Gefängniswärter, ihre Hunde auf sie loszulassen. In einem Fall befahlen sie ihren Hunden, einen Insassen zu beißen. 2
c. In der Fabrik im Ort müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter mindestens zehn Stunden pro Tag ohne Pause arbeiten. 21
d. Seit ihrer Verhaftung hatten drei Männer Probleme, mit ihren Anwälten zu sprechen. Bei zahlreichen Anlässen kamen die Anwälte ins Gefängnis, jedoch wurde es ihnen nicht gestattet, die Inhaftierten zu sehen. Die Männer durften ihre Anwälte auch nicht gemeinsam sehen, was zur Folge hatte, dass zwei von ihnen überhaupt keinen Zugang zu ihrem Anwalt hatten. 5
e. Frau Z, machte genau die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen, und sie war gleich alt und ebenso erfahren wie sie. Ihr Lohn war jedoch niedriger. 7
f. X entführte Y und hielt ihn drei Tage fest. Dann schoss er ihm in den Kopf, so dass Y drei Tage später starb. 1
g. Frau X, eine Drogensüchtige, wurde beim Verlassen eines Treffens der Narcotics Anonymous heimlich fotografiert. Später wurde das Foto veröffentlicht. 9
h. Eine Frau, die von ihrem Ehemann misshandelt wurde, konnte sich erst scheiden lassen, nachdem sie ihm ihr Haus, Auto und ihren ganzen Besitz überschrieben hatte. Danach besaß sie nichts mehr. 11
i. X litt unter einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung, wurde im Krankenhaus aber nicht medizinisch versorgt, weil sie illegal ins Land eingereist war. 18
j. 70 Prozent der Einwohner und Einwohnerinnen der Region X wurden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und wurden später an der Rückkehr gehindert. Sie durften ihr Lager nicht verlassen, um die nahe gelegenen Felder zu bestellen, und zahlreiche Straßen waren für sie gesperrt. 12
k. Schwarze Afrikaner wurden in Afrika gegen eine Flasche Whisky eingetauscht und in Nordamerika für 1200-1500 US-Dollar wieder verkauft. 3
l. Im Land X wurden die Überlebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung absichtlich zerstört: die Ernte, die Wasserversorgung und das Vieh. 17
m. Im Land X können Bürgerinnen und Bürger ohne Anklage inhaftiert werden. 4
n. Ein 26-jähriger Reporter einer Tageszeitung wurde erschossen. Vermutlich handelte es sich dabei um eine Vergeltungsmaßnahme für die Berichterstattung über den Wahlkampf, der vor kurzem stattgefunden hatte. 15
o. Herr X wurde aufgefordert, sich bei der Armee zum Militärdienst zu melden. Er schrieb der Militärbehörde, dass er den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigere und weigerte zum Dienst bei der Armee anzutreten. Er wurde der Befehlsverweigerung beschuldigt und durfte das Land nicht mehr verlassen. 14
p. Im Land X dürfen die Menschen, die zur Glaubensgemeinschaft Falun Gong gehören, sich nicht versammeln. 16
q. Die Bevölkerungsmehrheit entschied, dass Minderheitengruppen wie Juden und Roma in bestimmten Teilen der Stadt wohnen mussten. 25
r. Die Kinder, die im Dorf Y wohnen, können keine Primarschule besuchen, weil es keine solche Schule in der Nähe gibt. 19
s. Weil die religiösen Behörden des Landes dagegen waren, konnte X nicht für die Parlamentswahlen kandidieren. 23
t. Weil er schwarz ist, kann X nicht Arzt im städtischen Krankenhaus werden. 20
u. In manchen Ländern erhalten benachteiligte Menschen weder eine Wohnung und Lebensmittel, noch haben sie Anspruch auf eine erschwingliche medizinische Versorgung. 26
v. Herr X, dessen Haus niedergebrannt wurde, konnte keinen Schadensausgleich beanspruchen. 6
w. X, eine 47-jährige Frau, ist Mutter von fünf Kindern ist und hat sich als Hausfrau stets um das Haus gekümmert. Sie verliert ihren Anspruch auf Sozialleistungen, wenn sie sich von ihrem Mann scheiden lässt. 22
x. Herr Z, zweifacher Vater, wurde im Land X ins Gefängnis gesperrt und gefoltert, weil er Gedichte geschrieben hatte, die das Regime kritisierten. Sein Antrag auf politisches Asyl im Land A wurde abgelehnt. Er machte geltend, dass er der Folter ausgesetzt wäre, wenn er wieder in sein Land zurückkehren müsste, wie das nun der Fall ist. 13
y. Aus sogenannten praktischen Gründen dürfen körperlich behinderte Menschen wie z.B. Rollstuhlfahrer und -fahrerinnen keine kulturellen Veranstaltungen im städtischen Theater besuchen. 24
z. Um im Land X die Staatsbürgerschaft beantragen zu können, ist ein 15-jähriger Aufenthalt im Land nötig, außerdem ein körperlicher und psychischer Gesundheitstest, und es werden unverhältnismäßig hohe Verwaltungsgebühren erhoben. Infolgedessen sind Tausende Roma, die seit langem in ihrer Heimat verwurzelt sind, in ihrem eigenen Land staatenlos. 8