4. Kinderrechte erleben, kennenlernen, umsetzen

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Kinder sollen nicht nur wissen, welche Rechte sie haben; sie sollen auch lernen, diese Rechte wahrzunehmen und zu nutzen. Damit dies geschieht, muss die Schule einen Rahmen bieten, in dem die Schüler/innen vielfältige diesbezügliche Lernerfahrungen machen können. Mit Bezug auf die drei Hauptdimensionen der Bildung zur Demokratie geht es dabei primär um folgende Erfahrungen:

Kinderrechte erleben: Die Schülerinnen und Schüler erfahren die Kinderrechte in Form von Prinzipien, die ihr Zusammenleben in der Klasse und in der Schulgemeinschaft direkt bestimmen, die also unmittelbar mit ihnen zu tun haben. Hier geht es um Vermittlung und Aufbau von Einstellungen, Werten und Fertigkeiten.

Kinderrechte kennenlernen: Die Schülerinnen und Schüler erfahren und begreifen, welche Rechte sie haben. Voraussetzung für diesen Prozess, bei dem das Wissen und Verstehen im Zentrum steht, ist die gezielte und reflektiert geplante Einführung durch eine Lehrperson.

Kinderrechte umsetzen: Die Kinder werden ermutigt, sich für ihre Rechte in der Klasse und in der Schule einzusetzen und sie zu wahren. Auf diese Art werden sie auf ihre zukünftige Rolle als informierte und aktive Bürger/innen in der demokratischen Gemeinschaft vorbereitet (Es geht hier also zentral um die Teilhabe am Leben in der Schule und später am Leben als Erwachsene.)

Die drei Dimensionen des Lernens in der Bildung zur Demokratie unterstützen und ergänzen einander. Möglichkeiten, wie die entsprechenden Lernprozesse initiiert und umgesetzt werden können, zeigt das vorliegende Handbuch. Insbesondere der Aspekt «Kinderrechte erleben» setzt eine sorgfältige Wahl der Unterrichtsmethoden voraus. Nur so können die Schülerinnen und Schüler die Schule als eine Mikrogemeinschaft erfahren, die tatsächlich von den Prinzipien der Kinder- und Menschenrechte geleitet wird. In diesem Sinne müssen sie unbedingt die Erfahrung machen können, dass sie als Personen respektiert werden und ihre Meinung in Diskussionen und Entscheidungsprozessen ernst genommen wird. Erfahrungen, die Kinder und Jugendliche machen, sollen respektiert und reflektiert werden, liegt doch genau hier der Schnittpunkt zwischen ihrer eigenen Realität und dem Wissen über die Menschen- und Kinderrechte. – Dass es für die ganze Schulgemeinschaft eine anspruchsvolle Aufgabe ist, Kinder- und Menschenrechte kennenzulernen, sie in der Schule zu erleben und umzusetzen und – zunächst im exemplarischen Rahmen der Schule – zu lernen, wie man sich an einer demokratischen Gemeinschaft beteiligt, steht ausser Zweifel. Damit diese Aufgabe erfolgreich bewältigt wird, müssen nicht nur Lehrpersonen und Schulleitungen, sondern ebenso sehr die Schüler/innen und ihre Eltern ihren Teil dazu beitragen. In diesem Prozess wird das oft propagierte Prinzip der Partizipation konkret erlebbar. Viele bereits in vielen Klassenzimmern und Schulgemeinschaften gelebten Formen der Partizipation (siehe Kästchen) werden somit Teil der Kinderrechtsbildung.

Verschiedene Formen der Partizipation

Partizipation kann verschiedene Formen annehmen. Das beginnt im Klassenzimmer oder in der Schulgemeinschaft und wächst mehr und mehr in die Lebenswelt hinein:

  1. Sich über aktuelle Fragen und Führungskräfte informieren
  2. Über aktuelle Fragen und Führungskräfte schreiben
  3. Über aktuelle Fragen diskutieren
  4. Sich für eine bestimmte Sache in einer Gemeinschaft einsetzen
  5. Eine Interessengruppe (oder politische Partei) gründen oder einer gemeinschaftlichen Organisation oder Basisorganisation beitreten
  6. An Treffen von Interessengruppen teilnehmen
  7. Leiter/in einer Nichtregierungsorganisation werden
  8. Bei Wahlen wählen gehen
  9. Die Kandidat/innen im Wahlkampf unterstützen
  10. Sich als Wahlkandidat/in aufstellen lassen und bei einer Wahl das Amt antreten
  11. Steuern bezahlen
  12. Lobbying betreiben
  13. Militärdienst leisten
  14. Bestehende rechtliche Wege nutzen wie z.B. Regierungsbeamte kontaktieren, ein Fall vor Gericht bringen usw.