2 – Material 4: Fünf wichtige Unterrichtsformen66

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Im Folgenden werden fünf wichtige Unterrichtsformen dargestellt:

  • Darbietender Unterricht
  • Erarbeitender Unterricht
  • Offener Unterricht
  • Individualisierter Unterricht
  • Projektunterricht.

Sie beschreiben idealtypische Interaktionsformen zwischen Lehrpersonen und Lernenden. Jede von ihnen ermöglicht bzw. erfordert, dass Lehrpersonen und Lernende auf unterschiedliche Weise aufeinander reagieren und miteinander kooperieren.

Die fünf Unterrichtsformen sind auf einer Skala angeordnet, deren Pole der darbietende Unterricht (lehrerzentriert) sowie der Projektunterricht (schülerzentriert) markieren. Zwischen den Polen stehen Mischformen des Unterrichts.

Mit dieser Darstellung verbindet sich keine Wertung, und wir fordern auch nicht, lehrerzentrierten Unterricht vollständig durch schülerzentrierten Unterricht zu ersetzen. Vielmehr sollten sich Unterrichtsformen und Lehrmethoden sich nach den Zielen und Inhalten richten. Mittel- und langfristig sollte der Anteil schülerzentrierter Lehr- und Lernformen freilich zunehmen, da die Lernenden nur auf diese Weise die Kompetenzen eigenständigen Lernens und Problemlösens trainieren können.

Bei oberflächlicher Betrachtung mag der Eindruck entstehen, dass schülerzentrierter Unterricht mit der Untätigkeit der Lehrperson gleichzusetzen sei. Dem ist jedoch nicht so. Vielmehr verändert sich die Rolle der Lehrperson wie im einzelnen noch gezeigt wird. Die Vorbereitung schülerzentrierter bzw. handlungs- und kompetenzorientierter Unterrichtsformen erfordert mehr Zeit und Sorgfalt. Zwar nehmen die Handlungs- und Redeanteile der Lehrperson in der Klasse ab, andererseits stellen sich ihr neue anspruchsvolle Aufgabe – sie Lehrperson muss die Zusammenarbeit und die individuellen Lernprozesse der Lernenden beobachten, die Lernbedürfnisse der einzelnen Lernenden diagnostizieren und mit entsprechenden Angeboten zur Unterstützung und Gestaltung ihrer Lernprozess reagieren.

Darbietender Unterricht
Handlungsmuster Typische Merkmale
Erzählen, Vortragen, Vorlesen, Berichten, Zusammenhänge erklären, Vorzeigen, Vorführen, Vormachen, Demonstrieren
  • Sachverhalte direkt vermitteln (Instruktion).
  • Alle Lernenden in der gleichen Zeit, im gleichen Raum, mit der selben Methode und mit den selben Mitteln das gleiche Ziel erreichen.
  • Den Lernenden wird ein vorgegebener Stoff vermittelt, an dessen Auswahl sie nicht beteiligt waren.

 

Erarbeitender Unterricht
Handlungsmuster Typische Merkmale
Dialog, Fragen, Impulse, Denkanstöße, Lenkung, Unterstützung
  • Wechselspiel von Erklärungen und Impulsen der Lehrperson und Beiträgen und Impulsen der Lernenden.

 

Offener Unterricht
Handlungsmuster Typische Merkmale

Lehrperson: Beratung, Moderation, UnterstützungLernende: Auswählen, Planen, Fragen, Entdecken, Forschen, Entwerfen, Gestalten, Analysieren, Denken, Überprüfen, Kontrollieren

 

  • Lernende können sich an Entscheidungen beteiligen.
  • Die Interessen, Bedürfnisse und Initiativen der Lernenden sind Ausgangspunkt des Lernens.
  • Offen gestaltete Lernumgebungen.
  • Die Lernumgebungen unterstützen eigenverantwortliches Lernen (flexible Raumaufteilung, breit gefächertes Lehrmaterial, ein Bereich für die Informationsbeschaffung, für Experimente, zum Malen usw.)
  • Die Schülerinnen und Schüler können zwischen Lernangeboten wählen, z.B. unterschiedliche Inhalte und Medien.
  • Einbeziehung außerschulischer Lernorte.
  • Freie Wahl der Lernformen.
  • Freie Wahl der Sozialform (Einzelarbeit, Partnerarbeit, Kleingruppen).
  • Offener Unterricht fördert selbstbestimmtes, eigenverantwortliches, selbstständiges, forschendes, intrinsisch motiviertes, intuitives, spontanes und situationsbezogenes Lernen.

 

Individualisierter Unterricht
Handlungsmuster Typische Merkmale

Lehrperson: Diagnose, Anleiten, Instruieren, Helfen, Beraten, Informieren, Kontrollieren, Beobachten, Motivieren

Lernende: Auswählen, Programm bearbeiten, Lesen, das Erreichen der Ziele überprüfen.

  • Die Lehr- und Lernsituation ist auf die einzelnen Lernenden ausgerichtet (Vorkenntnisse, Fertigkeiten, Motivation, Lebenswelt, Kompetenzen …)
  • Lernanforderungen, -ziele, -verfahren, -methoden, -zeit, -mittel und -hilfen sind optimal an den einzelnen Schüler und die einzelne Schülerin angepasst (multidimensionale Differenzierung).
  • Didaktische Materialien, mediengestützte Hilfen (Computer, Lernsoftware, Videoclips, Arbeitsblätter, Modelle, Lernbilder, Lehrbücher usw.).
  • Effizientes, ökonomisches, systematisiertes, selbstständiges, eigenverantwortliches Lernen.
  • Computergestützter Unterricht
  • Werkstattunterricht

 

Projektunterricht
Handlungsmuster Typische Merkmale

Lehrperson: Beraten, Moderieren, Begleiten, Helfen

Lernende: Auswählen, Planen, Fragen, Diskutieren, Informationsbeschaffung, Experimentieren, Entdecken, Forschen, Entwerfen, Konstruieren, Analysieren, Denken, Produzieren, Veröffentlichen, Kontrollieren, Reflektieren und Evaluieren

  • Die gemeinsamen Interessen, Anliegen, und Ziele der Lernenden bestimmen die Auswahl des Inhalts, des Verfahrens und der Aufgaben.
  • (Komplexes) echtes, lebensnahes Problem aus der Perspektive der Lernenden gibt den Anstoß zum Projekt.
  • Produktorientierung, interdisziplinärer Zugang.
  • Die Lernenden bringen eigene Erfahrungen ein, Orientierung des Lernens an ihrer Lebenspraxis.
  • Längerfristiges Vorhaben mit typischem Phasenverlauf (Initiative –Ermittlung der Interessen und Bedürfnisse – Auswahl der Ziele – Eingrenzung und Spezifizierung der Ziele – Projekteskizze; Planung – Ablaufplanung des Projekts – Umsetzung des Projekts einschl. laufende Steuerung und Optimierung – Rück – und Ausblick auf Anschlussaktionen nach dem Projekt – Projektevaluation.
  • Arbeitsteilige Verfahren: Einzelarbeit, Partnerarbeit, Arbeit in Klein- und Großgruppen; Kooperation.
  • Einbeziehung außerschulischer Lernorte, Konsultieren von Eltern und Experten.
  • Lernen im Projekt fördert eigenständiges Denken sowie eigenverantwortliches, entdeckendes, erfahrungsorientiertes, handlungsorientiertes, kompetenzorientiertes, praktisches und kooperatives Lernen durch die soziale Interaktion im Projekt.
  • Lernen im Projekt befähigt und ermutigt die Lernenden zur aktiven Teilhabe.

 

66. Vergl. PLS Irchel Zürich (o.J.): ZUP 6. Unterrichtsformen, S. 9 ff.